Dramenbegabt: Alma Hadzibeganovic

Foto: Vukovits

Wien - Unter den allmählich ans Licht tretenden Profiteuren der Wiener Theaterreform findet sich mit der Dramenbeatmungsanstalt wiener wortstaetten auch eine Art Musenagentur mit Mittelbühnenstruktur: ein feines, vorderhand sympathisch anmutendes Laboratorium zur zweckmäßigen Anbahnung literarischer Uraufführungen.

Wobei auf "Unzulänglichkeiten des Betriebstheaters", wie die Initiatoren meinen, hinkünftig so kompensatorisch wie selbstbewusst reagiert wird. Es sollen Dichter ermutigt, Koproduzenten à la longue gefunden werden. 250.000 Euro schüttet man insgesamt über die künstlerische Clearing-Stelle aus. Und erntet womöglich Sprechtheaterstücke, um die der deutschsprachige Raum die Kulturstadt Wien mit ihren natürlichen Schwerpunktsetzungen der Jubiläumsstrapazierung und der Musicalverblattgoldung im Stillen noch beneiden wird.

Autor Bernhard Studlar (33) und Regisseur Hans Escher (49) sind vorderhand nichts anderes als dramaturgische Büroleiter. Ein Gassenlokal in der Schönbrunner Straße enthüllt ein karges, grafisches Theaterzahnrad: Escher und Studlar geloben das Initiieren, Aufpäppeln und Anstoßen von Theaterspieltexten, die im Rahmen eines organogrammatischen Jahresplans jeweils zum Saisonende uraufgeführt werden sollen. Von der Roh-zur Spielfassung geleiten je wechselnde Teams, die, so Escher, "dem Autor dienen".

Von "Idealfällen" geht die Rede: Die edition exil ist bei der Vorauswahl geeigneter Autoren behilflich. Der erste Schwerpunkt einer auf vier Jahre angelegten Erkundungstour durch die Köpfe noch zu findender Dramatiker liegt auf osteuropäischen Versuchen: Alma Hadzibeganovic, Anwar Kashlan und Laslo Vince sitzen an ersten szenischen Entwürfen. Die geografische Spannweite beschreibt somit ein Gebiet von Prag über die Vojvodina bis tief nach Bosnien hinunter: Älteste Kulturböden leben. Jetzt muss man sie nur noch bestellen. Dramaturgen größerer Häuser sollen mit leiser Häme auf den Beatmungsversuch durch die wortstaetten reagiert haben, deutet Escher immerhin an.


Erstes Planquadrat

In einem ersten "Theaterplanquadrat" wird das Team straßenanhängig seine erste Aufwartung machen. Der Adventkult des Shopping wird übermorgen Samstag, 15 Uhr, auf der Mariahilfer Straße, Höhe Neubaugasse, "theatral" begangen. "Theatral", ein Unwort aus der notorisch überschätzten Siegener Theaterwissenschaftsschule, passt ansonsten erfreulich wenig auf die wiener wortstaetten : Neben den genannten Autoren hat man immerhin Dimitré Dinev zum Theatertextbasteln gewonnen. Stücke erwirtschaftet man nicht - man lässt allenfalls solche, die sie schreiben wollen, gewähren. Von Zwischenergebnissen wird zu berichten sein. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.12.2005)