Graz - Angespannt und atemlos - so zeigte sich die Stimmung am Montagmorgen bei den Aufnahmetest der Medizinischen Universität Graz (MUG) in der Grazer Stadthalle: Über das von der MUG auf Grund des Andrangs an Studierenden angebotene Studium per virtueller Plattform zeigten sich die Studenten geteilter Meinung.

Über 1.000 Studierende der Human- und Zahnmedizin an der Medizinischen Universität Graz (MUG) sind am Montag in der Grazer Stadthalle zum Aufnahmetest für den Aufstieg in das zweite Semester angetreten. Abgeprüft wird das Wissen aus drei Lernmodulen sowie morgen Dienstag detaillierte Inhalte des gesamten Semesters.

Die Ausgangsbedingungen sind hart: Studiert wurde ein Semester lang über eine virtuelle Lernplattform, von allen Kandidaten können auf Grund des Studierendenrückstaus aus dem Vorjahr nur 100 aufgenommen werden.

"Studieren per Internet ist schwieriger"

Studieren "per Internet" sei schwieriger, als ein "normales" Studium, so Magdalena aus Bonn: "Man muss alles alleine durchmachen." Lerngruppen an der Uni wären bei "dem Umfang an Stoff" besser für das Verständnis gewesen. An und für sich sei das Studium aber "ganz gut" aufbereitet und fair: "Es kommt nur darauf an, was man im letzten Semester gemacht hat und nicht auf die Jahre zuvor", erklärt die 23-Jährige.

Kritik kommt vom 20-jährigen Freund der jungen Frau: "Wenn ich ein Modul abgeschlossen habe, war ich trotzdem nicht auf dem neuesten Stand, da danach noch immer Up-Dates gemacht worden sind", so Adrian aus Heidelberg. Er ist - wie die meisten der Prüflinge - bereits Sonntag angereist und hat in Graz übernachtet. Warum beide gerade an der Grazer Universität studieren wollen, ist einfach: "Weil uns sonst keine Uni genommen hat."

"Seelischer Beistand"

Mit Freundin als "seelischen Beistand" ist die 18-jährige Manuela aus Kärnten in die Stadthalle gekommen. Sie ist merklich aufgeregt und ihre Stimme zittrig. "Ich hatte viel zu lernen und der Stoff war schwer zu verstehen. Man konnte niemanden fragen. Es gab überhaupt keinen sozialen Kontakt", klagte sie über ihr erstes - virtuelles - Wintersemester. "Hinschmeißen" wollte sie das Studium zwar nicht, "aber man fragt sich schon: 'Wofür tu ich mir das an?'" Dass sie den Test schaffen werde, glaubt die junge Studentin nicht. Was sie dann machen soll, weiß die 18-Jährige allerdings auch noch nicht.

Verständnisprobleme und fehlende Ansprechpartner

Über Verständnisprobleme im Laufe des Semesters und fehlende Ansprechpartner klagt ein sichtlich nervöser Max (20 Jahre) aus Hannover. Seine um acht Jahre ältere Kollegin Judith aus Köln nickt heftig und meint: "Ich habe eine Mail an einen Professor geschickt - die Antwort kam drei Wochen später." Dass sie in Graz aufgenommen werden, bezweifeln beide. Die Kölnerin, die seit dem Herbst des Vorjahres eine Wohnung in Graz hat, hat den Mietvertrag erst gar nicht verlängert: "Mit Februar läuft er aus." Einen Ersatzplan haben beide noch nicht.

Thomas aus Essen, der sich laut eigenen Angaben "überall wo's geht" zum Studium angemeldet hat, zittert zwar auch um die Aufnahme ins zweite Semester. Für ihn steht allerdings eines heute schon fest: "Umsonst war das Studium mit der Virtuellen Plattform (VMC) auf keinen Fall. Das Wissen, das ich mir angeeignet habe, kann mir keiner mehr wegnehmen."

Erstaunt über Disziplin

"Wir sind erstaunt, wie diszipliniert und geordnet sich die Studierenden verhalten", resümierte der Vizerektor für Studium und Lehre, Gilbert Reibnegger, im APA-Gespräch. Anders als die anderen österreichischen Medizin-Unis hat die MUG die Studentenplätze nicht zu Beginn des Semesters limitiert, sondern sich für ein Reihungsverfahren aller Interessenten nach dem ersten Semester entschieden. An die 3.400 Studierende - davon ein Großteil aus Deutschland - haben sich daraufhin zu Semesterbeginn an der MUG angemeldet. Tatsächlich inskribiert hatten dann 1.269 und von der von der Hochschule zur Verfügung gestellten virtuellen Lernplattform "Virtueller medizinischer Campus" (VMC) Gebrauch gemacht.

Montagfrüh mit Beginn 9.00 Uhr waren beinahe alle 1.232 Sitzplätze in der zu einem riesigen Prüfungsraum umgestalteten Stadthalle vergeben. Die Uni hat sich ihr Aufnahmeverfahren einiges kosten lassen: Alleine die Anmietung der Stadthalle für die beiden Tage kostete 66.000 Euro, weitere 9.000 Euro waren für Service- und Sicherheitsdienst aufzubringen.

Drei Prüfungen

Drei Prüfungen zu jeweils 75 Minuten, in denen je 60 Fragen im Multiple-Choice-Modus zu beantworten sind, hatten die Studierenden am ersten Prüfungstag zu absolvieren. Außer Kugelschreiber, Taschenrechner und Studierendenausweis durfte nichts in den Prüfungssaal mitgenommen werden. In den Pausen wurden die Prüflinge von Hochschülerschaftsvertretern kostenlos mit Trinkjoghurts, Traubenzucker und Energydrinks versorgt.

"Wir haben es hier mit dem harten Kern der Studierenden zu tun", so Reibnegger. Die Zugriffe auf den VMC würden schon zeigen, wie aktiv die Studierenden sich mit dem zur Verfügung gestellten Stoff auseinander gesetzt haben. Insgesamt habe es im Laufe des Semesters über 23 Mio. Zugriffe auf den VMC gegeben. (APA)