Foto: Rosemount Estates
Weiden, Weingärten und Pferdekoppeln prägen die Landschaft im Upper Hunter Valley in New South Wales, einer feucht-heißen Region bei Sydney, wo in Denman der ursprüngliche Betrieb von Rosemount Estates liegt. Kakadus fliegen herum und lassen sich einzeln oder in Schwärmen in den Bäumen nieder, was John, unser Fahrer, mit einem missmutigen „a pest“ kommentiert.

Im Haupthaus von Rosemount sind Verwaltung, Verkostungs- und vor allem Verkaufsraum untergebracht, dem als wesentlicher Bestandteil viel Platz und gestalterische Aufmerksamkeit zuteil wird. Neben dem Wein fehlt kein auch nur in kühnsten Phantasien vorstellbarer Merchandisingartikel, regelmäßige Führungen durch Keller und Weingärten sind üblich. Von der Veranda aus fällt der Blick auf die umliegenden Weingärten und die riesigen Tankanlagen im Freien, die – „selbstverständlich“ wie es heißt – temperaturgesteuert sind.

„Ein Weingarten ist eine geschäftliche Entscheidung, keine Frage des Lebensstils.“ Diese Aussage von Linda Bowes, Geschäftsführerin der Südaustralischen „Wine Industrie Association“, im „The Independent weekly“ dieser Woche beschreibt den Zugang hier ziemlich klar, selbst wenn sich, wie es derzeit der Fall ist, immer mehr Leute als Weinbau-Quereinsteiger betätigen, weil es todschick ist, einen eigenen Weingarten vorweisen zu können.

Kundenorientierung

Die Kundenorientierung - was trinken sie wo und wann und wie wählen sie aus - ist 120-prozentig, klare Unterscheidung zwischen den Qualitätsniveaus und genaues Hinarbeiten auf den jeweiligen Weinstil gehen weit über das hinaus, was man in (Mittel)europa üblicherweise kennt. Die Entscheidung darüber, was zu welchem Wein wird, fällt im Grunde bereits in den Weingärten. Laufende Verkostungen zu jedem Zeitpunkt der Produktion seien der Angelpunkt für die Verwendung einzelner Chargen, sagen Trevor Rasmussen, Weingartenverantwortlicher, und Matt Koch, Chef-Weinmacher in der Upper Valley Niederlassung. Beide Funktionen sind hier, sowohl vom Verständnis als auch von der Arbeit her, strikt getrennt.

Die Ansprüche an die jeweiligen Weine werden über Konsumentenprofil, Geschmacksbild und Lagerfähigkeit detailliertest definiert, die Matt Koch auch gerne und ausführlich erläutert. Je höher man auf der Qualitätsleiter steigt, desto individueller und handwerklicher werde bei der Produktion vorgegangen und desto größer auch die Variationen nach Jahrgang und/oder Bodentypen. „Multiregionalität“, in Europa nicht gerade ein Qualitätsmerkmal, steht hierzulande nicht zur Debatte, sondern ist Normalität auf allen Ebenen und einer von mehreren Ansätzen wie auch Weine aus einer einzelnen Region beispielsweise bis hin zum Wein einer bestimmten Lage, der auch als „Block“ bezeichnet wird. Trauben aus anderen Regionen werden in – nicht immer, aber sehr oft gekühlten - Tanks auch über mehrere Stunden zur Verarbeitungsstätte gebracht. „Why not?“, wundert sich Koch über Fragen diesbezüglich.

Gründung als Familienbetrieb

Bob Oatley gründete Rosemount als Familienbetrieb. Er arbeitete u. a. als Einkäufer im Kaffeehandel und beschloss Ende der 60-er Jahre, sich als Traubenlieferant in New South Wales niederzulassen. Dazu kaufte er Land in der Nähe der Stadt Denman, das, wie sich herausstellte, um 1870 bereits von Carl Brecht für Weinbau genutzt wurde, und zwar sehr erfolgreich. 1974 begann man als Familienbetrieb selbst Wein zu machen und expandierte in den 80-ern auch in andere Weinbauregionen in Südaustralien. Rosemount wuchs durch Käufe und Zusammenschlüsse mit anderen Betrieben, bis es 2001 mit Southcorp fusionierte, damals einer von vier Big Playern am australischen Markt, das seinerseits 2005 wieder vom Fosters-Konzern aufgekauft wurde.

Die Geschichte des Betriebes ist charakteristisch für die Strukturen jener Corporative Companies, und auf die man sich bezieht, wenn man von der australischen Weinindustrie spricht. Zu diesen Firmenkonglomeraten gehören auch „boutique wineries“, die sich ihrerseits weniger über Betriebsgröße, als über vorhandene Ressourcen und Marktpositionierung definieren. Neben den „corporate companies“ gibt es einige mittelgroße Betriebe, die meistens über Weinbauflächen von 100 bis ein paar hundert Hektar verfügen, aber auch viele kleine Familienbetriebe mit Betriebsgrößen von 50 Hektar oder auch weniger. Aber davon später.