Das "ON" in Wien-Josefstadt heißt jetzt "Gu" und ...

Foto: Gerhard Wasserbauer

... bietet sensible Asia-Küche.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Vergangenen Herbst machte das ebenso winzige wie wunderbare Restaurant "ON" von Simon Xie-Hong in der Josefstädter Lederergasse von einem Tag zum anderen dicht - wegen einer bösen Krankheit seines Partners. Simons Küche lockte dank dem feingliedrigen Umgang mit Gewürzen, den stets marktfrischen Gemüsen und der Konzentration auf wenige, durchwegs im Wok zubereitete Gerichte auch solche Esser an, die sonst bei der bloßen Erwähnung des Begriffs "panasiatische Küche" Reißaus nehmen.

Verzicht auf Glutamat

Jetzt wurde das "ON" verkauft und hat seit ein paar Tagen unter dem nicht weniger minimalistischen Namen "Gu" neu aufgemacht (Simon will an anderer Stelle neu beginnen). Den Käufer, Gu Zhan Qun, kennt man aus den durchwegs empfehlenswerten China-Adressen "Sichuan" und "Meister Xiao". Wie sein Vorgänger verzichtet auch Herr Gu auf den Einsatz von Glutamat, statt der einst handgeschriebenen Speisekarte gibt es nun eine gedruckte. Die hat mehr Positionen als jene des "ON", aber immer noch viel weniger als durchschnittliche China-Restaurants. Die Qualität ist nach wie vor verblüffend, die Beharrlichkeit, mit der sich die Küchendünste in Pullover, Schals und anderes Wollzeug fressen, freilich auch. Dabei zieht die Lüftung eh schon mit solcher Macht, dass die Kälte von draußen durch jede noch so unsichtbare Ritze gesaugt wird.

Sensationelle Asia-Küche

Einige Gerichte, etwa das Thunfisch-Tartare, die scharfe Fisch-Wantang-Suppe mit Ingwer oder das Curry-Huhn mit Zitronenblättern und Kokosmilch werden Stammgäste in leicht veränderter Form wiedererkennen. Die Hang Zhou-Frühlingsrollen mit Garnelen und Pilzen, die in hauchdünne Tofuhaut gewickelt und mit einem Stängel chinesischen Knoblauchs zusammengebunden werden, gehören mit Sicherheit zum Spannendsten, was in dieser fritterverliebten Stadt je aus dem Öl gefischt wurde. Die gedünstete Forelle mit Ingwer und Porree beweist Mut zum ganzen Fisch, dass sie tatsächlich knusprig gebraten und nur der darüber drapierte Lauch mit den Gewürzen gedünstet ist, gereicht ihr keineswegs zum Nachteil.

Fazit: Die intime, sehr persönliche Atmosphäre des alten "ON" wird man hier nicht mehr finden, wem eine ziemlich sensationelle Asia-Küche mit sensiblen Kombinationen genügt, wird seinem Gaumen hier viel Spaß bereiten können - der Putzerei seiner Wahl freilich auch.
(Severin Corti/Der Standard/rondo/27/01/2006)