Wien - 20 Jahre Grüne im Parlament haben die Oppositionspartei, die nun einmal Regierungsverantwortung übernehmen will, zumindest in ihrem Auftreten nach außen grundlegend verändert. Waren die ersten Jahre von zahlreichen spektakulären Aktionen und teils heftigen innerparteilichen Personalquerelen gekennzeichnet, gelang Anfang 1998 mit der Wahl des Universitätsprofessors Alexander Van der Bellen zum Bundessprecher einerseits die Integration der Partei nach innen, andererseits konnte ein professionelleres Bild nach außen transportiert werden.

Genau letzteres sorgte aber in den vergangenen Monaten für Kritik, weil den Grünen gleichzeitig Angepasstheit und Übervorsichtigkeit im politischen Agieren attestiert wurde. Ins Schleudern war auch der Grüne Professor und Parteichef Van der Bellen gekommen, als er meinte, die Abschaffung der Studiengebühren und der Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag seien zwar politische Ziele, aber keine Koalitionsbedingungen.

"Seitenblicke-Girlie"

Und mit den drei Landtagswahlen 2005 in der Steiermark, dem Burgenland und Wien waren die Grünen von überhöhten Erwartungen auf den Boden der Realität zurückgeholt worden. Als Gründe wurden nicht nur von politischen Gegnern das sich Zurücklehnen auf gute Umfragedaten - vor allem von Van der Bellen als Person - und fehlende Inhalte genannt. Auch innerhalb der Umweltpartei mehrten sich kritische Stimmen am Auftreten der Spitzenfunktionäre. So bezeichnete die erste grüne "Parteichefin" Freda Meissner-Blau die stellvertretende Bundessprecherin Eva Glawischnig als "Seitenblicke-Girlie", die das "richtige Gespür verloren" habe.

Nachfolgend einige teils spektakuläre Aktionen der Grünen in den vergangenen 20 Jahren:

14. Mai 1987: Andreas Wabl sorgte im Rahmen der Waldheim-Debatte im Nationalrat am 14. Mai 1987 für einen Riesenwirbel, als er am Rednerpult stehend eine Hakenkreuzfahne aus seiner Tasche zieht, um damit die "Pflichterfüllung" des damaligen Bundespräsidenten in der NS-Zeit kritisch zu hinterfragen.

Stillen

Aufsehen verursachte am 5. November 1990 Christine Heindl, als sie ihren erst wenige Wochen alten Sohn während der Angelobung im Nationalratsplenum stillte. Bekannt wurden die Grünen auch durch sehr ausgedehnte Reden, den einsamen Rekord stellte Klubobfrau Madeleine Petrovic mit einer Marathon-Rede von mehr als zehn Stunden in der ersten Nachtsitzung des Nationalrats vom 11. auf den 12. März 1993 zum Thema Tropenholz auf.

Dieser Rekord - vorbehaltlich einer Änderung der Geschäftsordnung - wird auch weiterhin halten. Für die Großparteien war dies unter anderem ein Anlaß, Redezeitbeschränkungen einzuführen.

Giftige Abfälle

25. Juni 1988: Peter Pilz deponierte giftige Abfälle auf der Regierungsbank.

21.Oktober 88: Herbert Fuchs und Peter Pilz erschienen im Plenum als Udo Proksch verkleidet, nachdem zwei Tage zuvor ein einstimmiger Beschluss zur Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Causa Lucona gefällt wurde.

FP-Abgeordnete tätlich gegen Anschober

3. Dezember 1993: Eklat bei der Budgetdebatte wegen Tätlichkeit der FP-Abgeordneten Karin Praxmarer gegen den Grünen Rudi Anschober. Anschober hatte damals - an diesem Tag waren auch die ersten Briefbomben explodiert - erklärt, Rechtsextremisten sollten nicht so sensibel sein, als dass sie für die Saat, die sie säen, nicht die Verantwortung tragen. Praxmarer entschuldigte sich und meinte, sie habe zu heftig reagiert, sei aber mit der Bezeichnung Rechtsextremistin zutiefst gekränkt worden.

9. Juni 1996: Wabl zeigte FPÖ-Obmann Jörg Haider den gestreckten Mittelfinger (Stinkefinger), nachdem der grüne Abgeordnete vom Chef der Freiheitlichen als "Wappler" tituliert worden war.

Festnahme bei Chile-Kundgebung

Für Aufregung sorgten die Grünen aber vor allem auch außerhalb des Parlaments. Peter Pilz wurde am 3. Dezember 1986 bei einer Chile-Kundgebung festgenommen. Der damalige Klubobmann Johannes Voggenhuber meinte am Bundeskongress vom 8. Dezember 1990 angesichts interner Streitigkeiten wörtlich: "Würde ich heute als Fremder das äußere Erscheinungsbild der Grünen beurteilen, ich würde sie nicht wählen." Am 2. September 1990 sprach Programmsprecherin Sonja Puntscher-Riekmann im Sinn einer notwendigen Kostenwahrheit im Verkehr über einen Benzinpreis von 25 Schilling (heute wären das etwa 1,8 Euro) pro Liter. Am 7. Jänner 1991 wurde Pius Strobl als Wehrdienstverweigerer festgenommen, eine Woche darauf zu drei Monaten bedingt verurteilt, am 27. Jänner wurde der in Haft sitzende Strobl von den burgenländischen Grünen zum Geschäftsführer gewählt. Erst mit 31. Jänner wurde Strobl aus dem Militärdienst und der Militärhaft entlassen.

Für EU-Beitritt

Für Unstimmigkeiten vor der EU-Volksabstimmung sorgte Umweltsprecherin Monika Langthaler, die am 17. März 1994 ankündigte, gegen die Parteilinie für den Beitritt zur Union zu stimmen. Scharfe Kritik der anderen Parteien erntete im Februar 1995 eine Belangsendung der Grünen mit einem Text des Kabarettisten Leo Lukas, in dem es unter anderem heißt: "Amol mecht i gern am Tag der Fahne auf die Fahne brunzen."

Spektakuläre Aktionen gab es auch im Zuge der Privilegiendebatte im Sommer 1996. Aus Protest gegen die arbeitslosen Zusatzeinkommen von Politikern verteilte Wabl in verschiedenen Städten einen Teil seines arbeitlosen Lehrereinkommens in Form von 500-Schilling-Scheinen an Passanten.

"Zahmere" Aktionen

Später wurden die Aktionen weniger und auch etwas "zahmer". Im Dezember 1998 protestierten Madeleine Petrovic, Andreas Wabl und Karl Öllinger vor dem Parlament mit fünf Sturmgewehren 58 gegen den Verkauf von 40.000 dieser Waffen an einen Schweizer Waffenhändler. Aufregung gab es um Öllinger wegen dessen Teilnahme an einer Demonstration gegen die Wehrmachtsausstellung im April 2002. Im Juli 2004 benannten Peter Pilz, Terezija Stoisits und Wolfgang Zinggl die Rossauer Kaserne durch Anbringen einer entsprechenden Tafel in Robert Bernardis-Kaserne - aus Anlass des 60. Jahrestags des Putschversuchs gegen Hitler - um. (APA)