Biologisch-organisch gearbeitet wird unter anderem in Ilse Maiers Weingärten in Oberfucha, von wo diese Aufnahme stammt.

Foto: Bio-Weingut Geyerhof
Der Nikolaihof arbeitet seit Jahren erfolgreich nach diesen Grundsätzen, Josef Umathum hat es in seiner letzten Aussendung offiziell angekündigt und immer mehr österreichische Winzer der Oberliga überlegen, auf biodynamischen Weinbau umzusteigen, oder haben bereits erste Schritte gesetzt.

Natürlich kann man jetzt darüber spekulieren, in welche Richtung das Pendel da jetzt wider ausschlägt, angesichts der in so manchen Medienberichten ins Absurde abgleitenden Technologie-Debatte: Was da in punkto Halbinformation, Angstmache und Schwarzweißmalerei geboten wird, ist schlicht bizarr – wir die Natur-Pur-Helden, die Wein nur mit Hilfe von Wind und Sonne in die Flasche zaubern, gegen all die üblen Technokraten, die Rebstock und Beeren liebsten durch Chemiebrühen und künstliche Aromen ersetzen würden...

Im Ausland kein Fremdwort

Der starke Zug in Richtung Biodynamie, der strengsten biologischen Arbeitsweise, ist jedenfalls erfreulich, auch angesichts jener, die mit Hilfe dieser Methoden bereits hochklassige Weine erzeugen. Auf der Domaine de la Romanée-Conti in Burgund, Produzent von ausschließlich „Grand Cru“-Weinen, die gesucht und teuer sind, wird biodynamisch gearbeitet. Elsass, Südfrankreich und das Weinbaugebiet entlang der Loire sind Hochburgen des biodynamischen Weinbaus: Zind-Humbrecht, Domaine Weinbach, Kreydenweiss, Domaine Ostertag, Nicolas Joly oder Didier Dagueneau sind Pars pro toto zu nehmen. Den einen oder anderen Gedanken könnte man auch darauf verschwenden, dass man in Chile, das die restliche Weinwelt seit einigen Jahren mit Massen von günstigst erzeugten Weinen beliefert, einen „großflächigen“ Umstieg auf biologischen Weinbau überlegt: Die klimatischen Voraussetzungen sind schlicht ideal, und auch wenn „Bio-Wein“ im Vergleich zu den boomenden Biolebensmittel derzeit ein - noch - untergeordnetes Vermarktungsargument ist, kann sich das sehr rasch ändern. Eduardo Chadwick, einer der wichtigsten und bekanntesten Protagonisten in der chilenischen Weinwirtschaft, hat die Umstellung auf Biodynamie für „Errázuriz“ und die anderen Weingüter, die in seinem Besitz sind, jedenfalls bereits in die Wege geleitet.

Bio-Weinbau als work in progress

Ein interessanter Aspekt ist, dass die Biodynamie zwar genau regelt, welche Methoden und Mittel möglichst unter Beachtung der Frucht- und Wurzeltagen verwendet werden dürfen, aber dass über Weinbereitungs-Technologien wie Konzentrationsmethoden etc. und ihre Kompatibilität mit der Philosophie derzeit erst diskutiert wird. Man sucht auch fieberhaft nach einem Ersatz für das Schwermetall Kupfer, das zwar nur in geringen Mengen verwendet wird, sich aber in den Böden anreichert und als Desinfektionsmittel derzeit noch immer nicht ersetzbar ist. Der Einsatz von Kupfer wird oft als Gegenargument zum biologischen Weinbau verwendet.

Auch Wein ist Marketing

Dieser Trend zur Biodynamie für die Winzer hierzulande wahrscheinlich die beste Möglichkeit, sich angesichts unserer Produktionsbedingungen (kleinteilige Strukturen, keine großen Quantitäten) von der Masse von anderen abzuheben, meint ein Brancheninsider, der seit langem im Weinmarketing und Verkauf ist. Dazu kommt, dass eine größere Verbreitung dieser Arbeitsweise – und ein offener Umgang damit - vielleicht auch das Imageproblem lösen wird, unter dem biologische Weine (langsam immer weniger, aber noch immer viel zu sehr) zu leiden haben: Trotz aller Ereiferung in Technologie-Debatten werden Bio-Winzer noch immer gerne belächelt und die Weine als „maximal mittelprächtig“ abgetan. Zwar ist die Kritik gerechtfertig, dass viel zu viele mäßige und sogar fehlerhafte Weine mit dem „Dafür isser bio“-Schmäh unters Volk gebracht wurden. Angesichts der Leistungen von Nikolaihof, Ilse Maier (Geyerhof), Schönberger & Co ist das Argument aber auch einfach zu widerlegen, dass nur konventionell erzeugte Weine die gewünschten hohen Qualitäten bringen können. Und Qualitätspyramiden gibt es „hüben“ wie „drüben“. Man sollte sich auch fragen, wieso jemand der Kuhhörner mit Mist im Weingarten vergräbt, um daraus seine homöopathischen Mittel zu gewinnen, ebenso „suspekt“ sein soll wie jemand, der eine Flüssigkeit durch eine Maschine laufen lässt, die dem Most Wasser entzieht oder Eichenflocken in den Tank wirft oder Rübenzucker zusetzt.

Für Wein-Konsumenten wird es wenig Rolle spielen, welcher der kontrollierten Bioweinbau-Philosophien der Weinproduzent anhängt. Am Ziel ändert es wenig: Weine entstehen mit mehr Rücksicht auf die Natur, auf die natürliche Balance des Rebstocks und die klimatischen und bodentechnischen Gegebenheiten. Und das Zeug schmeckt auch noch!