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Heinz Zednik als Matthias Broucek

Foto: APA/DIMO DIMOV/VOLKSOPER WIEN
Wien - Für manchen Verantwortungsträger der Wiener Opernwelt wär' der Herr Broucek zurzeit wohl ein idealer Volksoperndirektor. Er trinkt gerne, isst gerne Würste und wäre also, was die Befriedigung seiner kulinarischen Bedürfnisse anbelangt, am Gürtel gut aufgehoben. Noch wichtiger: Selbst in seinen Träumen denkt er nicht daran, Verantwortung zu übernehmen; um seine Ruhe zu erlangen, ist er zu Diensten, welch Ansinnen auch immer an ihn herangetragen wird. Solange nur kein Wickel droht.

Auch Kunst ist Herrn Broucek herzlichst egal, wie man bei seinem Traumbesuch auf dem Mond erleben durfte, wo ihn eine für das Schöne fiebernde Gesellschaft, die in der Version von Regisseurin Anja Sündermann wie eine krabbelnde Mischung aus Teletubbies und Barbapapas anmutet, bedrängt. Ein Herr-Karl-Vorläufer ist dieser Broucek also, den Komponist Leos Janácek einst als Abscheu-erweckende Figur auf die Opernbühne bringen wollte.

Raum für Fantasie

Wir wissen natürlich heute über den Mond schon ein bisschen mehr als Janácek damals - wie es dort aussieht zum Beispiel. Ein zurechender Grund, es regiemäßig so zäh anzulegen wie Sündermann, ist das allerdings nicht. Schließlich: Ist das surreale Werk zwar schwer zu bändigen, so beschenkt es einen mit der Möglichkeit, zwei Träume zu inszenieren, was der Fantasie, wäre sie vorhanden, alle Möglichkeiten ließe.

Keine Magie

Doch weder die Personenführung rund um das allgegenwärtige Bett des Herrn Broucek noch die Filmprojektionen (mit Ausnahme der Reise von der Erde zum Mond) entfalten so etwas wie Magie, Atmosphäre oder Dringlichkeit. Zäh schleppen sich die Ausflüge dahin, und sind die Vorgänge auf dem Mond noch einigermaßen erträglich, so kippt der Abend bei Reise zwei (ins 15. Jahrhundert) ins Statisch-Lächerliche.

Der Träumer selbst ist immerhin glaubwürdig unterwegs - Heinz Zednik sei Dank, der nun wechselweise nicht mehr Volksopernchef werden will (er hat sich schon dreimal beworben), es doch werden will (aber nur, wenn man ihm an die zehn Jahre Amtszeit gewährt) oder zu diesem Thema nichts sagen will (ORF). Zednik mag den Träumer, gibt ihm das mitleiderweckende Gesicht einer traurigen Figur.

Schlapp

Doch weder er noch das unspektakulär solide Ensemble (Mathias Hausmann, Edith Lienbacher, Ferdinand von Bothmer, Christian Sist, Jennifer O'Loughlin, Andrea Bönig, Daniel Schmutzhard, Christian Drescher, Sebastian Reinthaller, Heinz Fitzka und Marian Olszewski) sind im Stande, das Schlappe des Regieabends zu kompensieren.

Immerhin: Dirigentin Julia Jones erledigt ihre Aufgaben eindringlich. So tönt auch das Orchester zwar nicht auratisch, bringt aber die komplexe, kontrastreiche und bewusst fragmentierte Notenwelt kompakt zur Geltung. Lauwarmer, etwas erschöpft wirkender Applaus für alle. (Ljubisa Tosic, DER STANDARD Printausgabe, 20.02.2006)