Östereich bei Studierenden aus bildungsfernen Schichten am unteren Ende
Laut Eurostudent 2005 nur acht Prozent der Studierenden - ÖH
schätzt Zahl der erwerbstätigen Studierenden auf "weit über
80 Prozent"
Redaktion
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Wien/Graz - Besonders in Österreich, Deutschland, Frankreich und Portugal sind
Kinder aus der Arbeiterschicht bei höheren Bildungsinstitutionen massiv
unterrepräsentiert. Das belegt der Eurostudent 2005. "Es schaut schlecht aus",
klagt ÖH-Chefin Barbara Blaha. Studierende aus Akademikerfamilien stellen
knapp 60 Prozent, aus Arbeiterfamilien nur acht Prozent. "Die Uni ist kein Abbild
unserer Gesellschaft." Man gebe Studierenden aus bildungsfernen Schichten
"nicht das Gefühl, dass sie hier richtig sind", betont Blaha. Ihre Forderung: "Die
Professoren gehören sensibilisiert."
Anita Ziegerhofer-Prettenthaler, Historikerin an der Uni Graz, verdankt ihre
heutige Position ihrer Leistung, Ausdauer und "einem Quäntchen Glück" - "meine
gesellschaftliche Position hat damit nichts zu tun gehabt. Hauptsache war, dass
ich ins System gepasst habe".
"Besonders in der gegenwärtigen politischen Situation werden Ungleichheiten und
Ungerechtigkeiten bewusst ignoriert", kritisiert Theologe Christian Wessely von
der Uni Graz. Er und seine zwei Brüder wurden von der Mutter, einer allein
erziehenden Landwirtin, aufgezogen - die einzige staatliche Hilfestellung: Schul-
und Fahrtkostenbeihilfe. Sein Studium finanzierte er sich als Musiker.
Die ÖH schätzt die Zahl der erwerbstätigen Studenten auf "weit über 80 Prozent",
ein Grund dafür, dass knapp die Hälfte der Studenten ihr Studium abbricht. "Wenn
sie nebenbei Geld verdienen müssen, ist es unmöglich, in der kürzesten Zeit
fertig zu werden", sagt Christiane Spiel, Dekanin der Wiener Fakultät für
Psychologie.
Abbruch und Existenz
"Studierenden aus höher gestellten Familien fällt der Abbruch leichter", sagt
Herwig Kainz, Präsident des österreichischen Gewerbevereins, denn diese kämen
auch ohne Diplom zu guten Positionen.
Studenten aus "gutbürgerlichem Haus" sind sehr wohl hohem Druck ausgesetzt,
meint Reinhold Stumpfl. Nach Studienabbruch im Fach Elektronik und
Nachrichtentechnik baute er sein Video-Technik-Unternehmen und wurde damit
"Unternehmer des Jahres 2005". "Aus der Nichtanerkennung entwickelt man
Energien, die zu großen Leistungen anspornen." Wichtig sei, dass man etwas für
sich abschließt: egal, ob eine letzte große Prüfung oder, wie er, ein Ingenieurs-
Kolleg. (DER UNISTANDARD, Printausgabe, 2.3.2006)
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