Foto: Standard/Matthias Cremer

Es ist erschreckend, dass es immer noch Weinfans gibt, die völlig verständnislos drauf reagieren, wenn Winzer andere Verschlüsse als den traditionellen Naturkorken wählen. Sympathisch sind da noch jene, die mit einem schlichten „Ich weiß eh, aber ich mag’s halt nicht“ kommen. In – leider gar nicht so seltenen Fällen – gipfelt die Verschluss-Ablehnung in richtigen Verbalattacken, in denen die Winzer einfach nur angeblafft werden. Einmal abgesehen davon, dass ein derartiges Verhalten schlicht letztklassig und völlig unnötig ist, zeugt es auch nicht gerade von Weitblick und Weltoffenheit des „Blaffenden“, der seinem Gegenüber nicht einmal eine Chance zur Erklärung lässt.

Von Ratio kann bei in den meisten Argumenten der Fraktion „Contra-Alternativverschlüsse“ leider nicht wirklich die Rede sein. Wein mag ja eine emotionale Angelegenheit sein, aber dass diese Emotionen an Prozeduren und Geräuschen beim Öffnen von Flüssigkeitsbehältnissen hochgehen, anstatt die technischen Vor- und Nachteile für den Inhalt gegeneinander abzuwägen, ist nicht einzusehen.

Ein sehr häufiges, aber dennoch nicht wirklich fundiertes Argumente gegen den technisch einwandfreien Kronkorken lautet zum Beispiel „Da kann ich mir ja gleich ein Bier aufmachen...“ Nichts gegen Bier, aber wenn’s geschmacklich eh wurscht ist – bitte, nur zu! Eines der beliebtesten Argumente gegen den Drehverschluss von Konsumentenseite besagt, dass der „Dreher“ billig sei und auch so aussehe, was schlicht nicht stimmt. Ein guter Drehverschluss kostet in etwa soviel wie ein guter Kork. Und was an einem Stelvin-Verschluss billiger aussehen sollte, als zum Beispiel an einem durchweichten, großporigen Kork oder einem Konglomeratkork, der aus grobem Granulat zusammengeklebt wurde, entzieht sich schlicht meiner Einsicht. Der Vorteil beim Drehverschluss ist, dass erstens unter Garantie kein TCA (Trichloranisol) im Spiel ist. TCA ist jene Substanz die unter bestimmten Umständen diesen faulig-muffigen Korkgeschmack im Wein verursachen kann, der einem jedes noch so elegant vollführte Öffnungsritual beim Zusammensein mit Freunden oder „angebeteten“ Menschen im Restaurant verleiden kann, weil es einfach geschmacklich nicht hinhaut.

Viele Winzer stehen nun vor der bizarren Situation, dass sie das Beste für ihre Weine wegen mangelnder Kundenakzeptanz nicht verwenden sollen. Einige entziehen sich dem Dilemma, indem sie mit zwei Verschlussvarianten abfüllen und den Kunden die Wahl lassen. Die besonders Mutigen entscheiden sich für die Kork-Alternative und ziehen es durch, beides ist gleichermaßen positiv zu sehen. Denn alle Strategien, sein Produkt, für das man ein Jahr lang intensiv gearbeitet hat, zu schützen, um es in best möglicher Qualität in die Flasche zu kriegen, sind zu unterstützen. Und es kommt in jedem Fall den Kunden zugute – auch einem potenziellen „Blaffer“.