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Fröhlich in die neuen Zeiten: Bachelor-Absolventen an der "International University" in Bremen.

Foto: AP/Joerg Sarbach
Nach der Einführung des Euro, so heißt es, steht die EU unter dem Druck, wieder ein symbolträchtiges Erfolgsprojekt vorweisen zu können, um den Integrationsprozess voranzutreiben. Die EU-Verfassung hätte so ein Projekt sein können, liegt aber bis auf weiteres auf Eis. Und ob es der EU gelingen kann, mittels der von ihr verkündeten Lissabon-Strategie zum "wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt" zu werden, erscheint vielen zweifelhaft.

Im Bereich der Forschungsaufwendungen hat es der EU-Raum jedenfalls bisher nicht geschafft, sein Finanzierungsdefizit gegenüber den USA und Japan auszugleichen. Genau aus diesem Grund aber könnte passieren, worauf vor Jahren wahrscheinlich die wenigsten gewettet hätten: der "Bologna-Prozess" könnte zur nächsten großen Erfolgsstory der EU avancieren.

Zur Erinnerung: Im Mai 1999 beschlossen die EU-Bildungsminister, bis 2010 einen einheitlichen europäischen Hochschulraum durch die Einführung eines dreistufigen Studiensystems schaffen zu wollen. Der EU-Raum erhält damit standardisierte Studienabschlüsse, die transeuropäische Studentenmobilität erhöht sich, gleichzeitig wird das Profil europäischer Hochschulen transparenter und der Leistungsvergleich zwischen Europas Universitäten realistischer. So wird Europas Hochschulraum tatsächlich konkurrenzfähig, und im Hinblick auf die guten Forschungsleistungen europäischer Universitäten und die teilweise extrem hohen Studiengebühren US-amerikanischer Universitäten erscheint auch die Prognose als nicht zu gewagt, dass sich Europa auch auf ein vermehrtes Interesse amerikanischer Studenten am Post-Bologna-Europa einstellen kann.

Was in der öffentlichen Aufmerksamkeit teilweise untergeht: Der Bologna-Prozess ist nicht nur auf die EU beschränkt, sondern erstreckt sich bis weit in den ehemaligen Sowjetraum und umfasst nach heutigem Stand insgesamt 45 Länder. Die EU erwirbt damit eine wichtige Kompetenz-Führerschaft für die umliegenden Nachbarregionen und könnte damit auch wichtige Impulse für die viel mühsamer zu gestaltende Lissabon-Strategie setzen. Entscheidend am "Bachelor neu" ist nämlich, dass es sich dabei um einen "berufsqualifizierenden" Abschluss handelt. Womit man signalisiert, dass die Bewährung auf dem Arbeitsmarkt eine entscheidende Messlatte für Erfolg oder Nicht-Erfolg des Bologna-Prozesses sein wird - nicht zuletzt auch im Hinblick auf die polit-ökonomische Zielsetzung des Abbaus der - im internationalen Vergleich teilweise erschreckend hohen - Arbeitslosigkeit im EU-Raum.

Grundsätzlich geht es darum, die Grundausbildung im tertiären Bereich zu reduzieren, die weiterführende Bildung im Tertiärsektor dagegen zu forcieren (Stichwort "lebenslanges Lernen"). Dabei treffen beim Bachelor zwei Grundphilosophien aufeinander: der Bachelor als Spezialqualifizierung - oder als ein möglichst breit angelegtes Grundstudium, wobei die Spezialqualifizierung dann erst auf dem Master-Level ansetzt (von "Bologna" vorgegebene Maximaldauer für Bachelor und Master: fünf Jahre). So oder so: Wichtig ist, genügend Bachelor-Studien so zu gestalten, dass sie mit Berufstätigkeit vereinbar und im Curriculum interdisziplinär vielfältig kombinierbar sind. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.03.2006)