Sie selektieren, aber betreuen ihre Studenten: die Fachhochschulen. Konkurrenten des freien Uni-Systems oder Parallelinstitutionen? Scheinbare Überschneidungen findet man viele: Eine Bedrohung für das kreative Element der Massenuni sind sie jedoch nicht.

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Wien - 25.000 waren es, die statt einem Uni-Ausweis letztes Jahr einen Schülerausweis in der Hand hielten. Statt meterlange Warteschlangen für die Inskription abzustehen, sind sie durch Assessmentcenter und Intelligenztests gesprintet: Die FH-Schüler.

Ihr Ziel? Statt nach Jahren am Boden eines überfüllten Audimax, doch wieder arbeitslos zu werden, wollen sie möglichst praxisbezogen und rasch ausgebildet in die Wirtschaftswelt eintauchen.

Dass hier der Unterschied zu den Unis liege, bezweifelt Michael Hesse, Studienprogrammleiter der Biologie an der Uni Wien. "Man wirft der FH vor, dass sie Forschung im eigentlichen Sinn nicht machen", erklärt Hesse. Auch beim Studienplan - der Biologie - erkennt dieser kaum Gemeinsamkeiten. Das Uni-Studium sei breiter gefächert, und es gebe, wie Hesse betont, einen entscheidenden Unterschied: "Der FH-Abgänger hat ein gewisses Wissen, aber mit Ablaufdatum."

Seit vor elf Jahren die ersten zehn FH-Studiengänge aus dem Boden gestampft wurden, wurde die Hochschullandschaft revolutioniert. In der kürzlich erschienenen Studie "WU oder FH. Motive für die Wahl der Bildungsinstitution", untersuchte Erich Hauer (WU Wien) das Phänomen.

"Es gibt zwar noch keinen Kampf um Studierende" analysiert Hauer das Verhältnis der Unis und FHs, "sehr wohl aber Konkurrenz hinsichtlich Marktauftritt, Rahmenbedingungen und Image". Letzteres ist klar gegeben.

"An der Uni wird universelleres Gedankengut angeboten", argumentiert Sozioökonomie-Student Henning Düsterhoff seine Entscheidung für die WU-Wien. Als Gegensatz dazu wird die Praxisnähe der FHs proklamiert. Ein Bild, das beim Anblick der Vortragenden leise zerbröselt. Trotz Praxisorientierung besteht das Gros des FH-Lehrpersonals aus Uni-Professoren und -Assistenten. "Diese werden an der FH nicht anders unterrichten, als an der Uni", meint Hauer. "Praxisorientierung an den FHs ist ein Image, das ganz bewusst so aufgebaut wird."

Einer dieser Pendler ist Thomas Bauer, Kommunikationswissenschaftler der Uni Wien. "Die Gefahr ist, dass Praktiker, die an den FHs unterrichten keine didaktische Sensibilität haben, sondern diese mit Eitelkeit kompensieren", sagt Bauer, der auch an der Wiener Journalismus-FH vorträgt. Dortige Studenten hält er für klarer orientiert - denn sie hätten ein genaues Berufsbild vor Augen. Doch auch Bauer bemängelt den fehlenden theoretischen Background.

"Schwierig ist es, ihnen trotzdem soviel theoretisches Wissen mitzugeben, dass sie später ihre journalistische Arbeit kritisch reflexieren können". Studenten würden hingegen durch das "große System" Uni besser auf das Berufsleben vorbereitet. "Sie müssen Eigeninitiative lernen", betont Bauer.

Ein Letzturteil, welche Absolventen für die besseren Berufsaussichten inverstiert haben, kann Paul Nosko vom Arbeitsmarktservice Wien jedoch nicht erteilen. Doch einen Tipp hat er trotzdem: Die qualitativen Unterschiede zwischen den einzelnen FHs seien gravierender, als jene zwischen FH und Uni per se. "Es gibt FHs, da bekommen Studenten schon während des Studiums Jobangebote und wenn sie fertig sind, fliegen sie schnell ab in die Arbeitswelt", doch das sei nicht überall so. (Louise Beltzung, Isabella Hager/UNISTANDARD, 11. Mai 2006)