Wien - Sie sind frei, wissbegierig, manchmal etwas faul und vor allem haben sie kein Geld - das Klischeebild eines Studenten beinhaltet immer auch seine finanziell knappe Lage. Diese Idee entpuppt sich leider immer öfter als Tatsache. "Die Armutsgefährdung von Studierenden ist sehr ausgeprägt", meint Heinz Schoibl vom Beratungs- und Forschungsunternehmen Helix. Eine große Rolle dabei spiele der familiäre Hintergrund, wie etwa Scheidungen. "Es ist eine gebildete Gruppe, die meist rational mit Geld umgeht", sagt Schoibl. Man habe aber einen Umgang mit Geld entwickelt, in dem es selbstverständlich sei, auf Fremdgeld zurückzugreifen.

Seit Oktober 2005 bietet die ÖH monatliche Schuldenberatungen. Die Situation habe sich in letzter Zeit verschärft, sagt Sozialreferent Georg Hubmann: "Es gibt Studiengebühren, die Stipendienbeträge stiegen nicht an, dafür aber die Lebenserhaltungskosten." Am stärksten betroffen sind Stipendienbezieher.

Gewöhnungseffekt Kontoüberzug

Das bestätigt auch Bernhard Lukaschek, der für die ÖH-Schuldenberatungen zuständig ist. Wie daraus Folgeverschuldungen entstehen könnten: "Offene Telefonrechnungen und Kontoüberziehungen sind meist Konsequenzen aus anderen Problemen." Studenten seien aber gesamt gesehen weniger und in geringerem Ausmaß von Verschuldung betroffen als andere Bevölkerungsgruppen.

Im Zeitraum 2005 wandten sich 1325 "junge Erwachsene bis 25 Jahre" an die Schuldnerberatung Österreich, der Mittelwert der Verschuldung beläuft sich auf 25.731 Euro.

Schuldenfalle Nummer eins ist der Kontoüberzug und der Gewöhnungseffekt, mehr ausgeben zu können als man hat, informiert Ferdinand Herndler von der Schuldner-Hilfe, ein Verein für prophylaktische Sozialarbeit. Ein weitaus anerkannterer Weg der Finanzierung ist der Kredit. Fast jede Bank bietet Studiengebührenfinanzierung (zinslos, wegen des staatlichen Zuschusses) sowie studentische Konten mit Überziehungsrahmen an. Wüstenrot hat "dasbildungsgeld" eingerichtet, einen Bausparer für Ausbildungsmaßnahmen. Konkrete Kredite für Studenten bieten etwa Bank Austria oder Erste Bank an. Nach eigenen Angaben kann die Bank Austria 700 Kredite für Studierende pro Jahr abschließen. Schlechte Erfahrungen habe man damit noch keine gemacht. In Beratungsgesprächen wird geprüft, ob und wie der Kreditanwärter die Rückzahlungen tätigen kann.

Seit Anfang April 2006 bietet die Kreditanstalt für Wiederaufbau in Deutschland einen bundesweit einheitlichen Studienkredit an.

Eine "gute Sache", meint Frederic Fredersdorfer, Leiter der Forschungsgruppe Sozial- u. Wirtschaftswissenschaften an der FH Dornbirn, "wenn die Abzahlungsraten dem Einkommen angepasst werden." Es sei vor allem sinnvoll, zinslose staatliche Darlehen einzurichten. So werde der Bildungszugang für finanziell Schwache besser.

Studienkredite sieht Lukaschek bedenklich: "Alles, wo laufende, existenzielle Kosten mit einem Kredit finanziert werden, erachte ich als äußerst problematisch." Kritisch äußert sich auch die ÖH: "Wir sind gegen den Gedanken, dass man sich verschulden muss um, ein Studium abzuschließen", erklärt Hubmann. (UNISTANDARD, 11.5.2006)