Wien - "Raus aus der Universität, rein in ein renommiertes Museum." Gerald Bast, Direktor der Universität für Angewandte Kunst, hat am Donnerstag Abend die Jahresausstellung "The Essence 2006" im Wiener Museum für Angewandte Kunst eröffnet. Neben der Präsentation von Arbeiten einzelnen Klassen sprach sich Bast bei einem Pressepreview erneut für eine Öffnung des Wissenschaftsfonds FWF für die Kunstunis aus. Wie angekündigt setzt die Angewandte ab Herbst neue Akzente im Lehrplan, das Budget für eine mögliche Erweiterung des alten Areals bzw. einen kompletten Umzug wird im Sommer im Wissenschaftsministerium diskutiert.

Neue Professur

Eine neue Professur für angewandte Mediengestaltung, eine zusätzliche Klasse für Grafik-Design sowie ein neuartiges Bakkalaureatstudium für angewandte Bildwissenschaften erwartet die Studierenden der Angewandten ab Herbst. Nachdem der Waliser Ross Lovegrove seine Professur für Industrial Design im Jänner nach nur einem Semester zurückgelegt hatte, wird nun auch im kommenden Semester Hartmut Esslinger (frogdesign) der Klasse vorstehen. Für das kommende Sommersemester wird eine langfristige Nachbesetzung gesucht. Von Lovegrove habe man sich "einvernehmlich getrennt" (Bast), nachdem er auf Grund großer Aufträge seine Funktion als Lehrender nicht mehr ausüben konnte.

"Kein Druck auf altes System"

Obwohl neue Studien wie etwa "Angewandte Bildwissenschaften" von nun an als Bakkalaureatstudien geführt werden müssen, werde man die bestehenden Diplomstudien "sicher beibehalten", wie Bast gegenüber der APA erklärte. "Das Bildungsministerium hat zugesagt, keinen Druck auf das alte System auszuüben. Wir sind der Meinung, dass vier- oder fünfjährige Diplomstudien für den Entwicklungsprozess der Studierenden besser geeignet sind", so Bast.

Kritisch gegenüber Elite-Uni

Der Elite-Universität steht Bast nach wie vor kritisch gegenüber: "Wir müssen uns grundsätzlich die Frage stellen, was es bedeutet, neben bestehenden Unis eine Elite-Uni zu etablieren. Ist das Misstrauensvotum gegen die Unis?" Wenn Österreich sich auch weiterhin als Kulturnation präsentieren wolle, müsse man auch mehr in Kultur, Architektur, Medien und Design investieren. Die Förderungssysteme für junge Künstler seien verbesserungswürdig, man müsse sich auch stärker mit den Absolventen auseinander setzen, um sie bei einer internationalen Karriere zu unterstützen.

Förderungen

Eine Gefahr sieht Bast auch in den gezielten Projektförderungen für Universitäten. Fonds und Stiftungen seien zwar höher dotiert, was gut sei, zu diesen (etwa dem FWF), haben die Kunstunis jedoch keinen Zugang. Was einen möglichen Umzug oder Ausbau der Angewandten am Oskar Kokoschka-Platz betrifft, steht eine endgültige Entscheidung erst im Frühjahr 2007 fest. Momentan würden mögliche Projekte geprüft, das Ministerium verhandelt im Sommer über die Kosten.

Klassen vorstellen

Die Ausstellung "The Essence 2006", die bis 16. Juli im MAK zu sehen ist, versammelt heuer nicht nur die Arbeiten von einzelnen Diplomanden, vielmehr geht es darum, die Dynamik einzelner Klassen vorzustellen. Obwohl man sich in einem Museum befinde, sei die Präsentation der Arbeiten jedoch keine museale Ausstellung, wie Kurator Edek Bartz gegenüber der APA feststellte. Neben Arbeiten "aussterbender Richtungen" wie Tapisserie und Keramik sind auch imposante Positionen aus Industriedesign, Bühnenbild oder Grafikdesign zu sehen.

Denk- und Produktionswerkstätte

Eindrucksvoll setzen sich die Studenten auch mit Neuen Medien auseinander, die "Symphonie für 10 Pensionisten" besteht etwa aus zehn Mobiltelefonen, die abwechselnd Videos von alten Menschen zeigen. Die Keramik-Klasse, die nun eingestellt wird, zeigt mit ihrer Installation Kunst jenseits von Häferln und Krügen. Die Industriedesigner beeindrucken etwa mit modernen Gehhilfen und neuen Möbeln. Die Uni als Denk- und Produktionswerkstätte zu positionieren, gelingt mit "The Essence" auf hohem Niveau. (APA)