Die Reihung von Bildern und Originaltönen sei reichlich ungenau, so Kerschbaumer. "Der Film suggeriert zum Beispiel das Jahr 1933, und plötzlich tritt Toscanini auf, der erstmals aber 1934 in Salzburg dirigiert hat und dessen große Salzburg-Zeit die Jahre 1934 bis 1937 waren. Ähnliches passiert, wenn man sich im Jahr 1938 wähnt und plötzlich mit Clemens Krauss konfrontiert ist, der 1939 erstmals in Salzburg war und vor allem in die Jahre 1942 bis 1945 gehört. Da wäre ein sorgfältigerer, historisch seriöserer Schnitt vorteilhaft gewesen, keine Frage." Aber, so schränkt der Historiker ein, für die meisten Zuschauer, also für alle, die weniger an historisch-wissenschaftlichen Details interessiert sind, sondern einen Gesamteindruck über die Geschichte des Festivals gewinnen wollen, seien diese Reihungsfehler nichts als "Beckmesserei" (nörgelnde Haarspalterei, Anm.).
Bühne
Historiker bewertet Palmer-Film als fair
Gert Kerschbaumer räumt Detail-Fehler ein - hält den Film aber für wichtig für das Gesamt-Verständnis der Festspiele
Salzburg - Der Kulturhistoriker und Spezialist für
Salzburger Geschichte des 20. Jahrhunderts, Gert Kerschbaumer, hält
den umstrittenen Festspiel-Film von Tony Palmer für gut recherchiert,
fair in seiner politisch-gesellschaftlichen Gewichtung und wichtig
für das Gesamt-Verständnis dieser Welt-Festspiele. Trotz einer
ausgesprochen positiven Gesamtbilanz hat der Historiker, der sich den
Film "The Salzburg Festival" auf Ersuchen der APA angesehen hat,
allerdings auch eine Menge von Kritikpunkten im Detail.
Viele Dinge, die Palmers Interview-Partner sagen, seien nicht mehr
als Rechtfertigungs-Meinungen. Aber der englische Regisseur lasse
alle zu Wort kommen, unter dem Strich gewichte er fair, auch die
Bedeutung der NS-Zeit stimme zwischen Film und Wirklichkeit überein.
"Der Film vermittelt eindrücklich die Spannung zwischen Welttheater
und provinziellem Denken. Die aktuelle Kritik vor allem von
Festspielpräsidentin (Helga) Rabl-Stadler ist für mich nicht mehr und
nicht weniger als ein weiterer Aufguss dieser Spannung." (APA)