Bei sommerlichen Temperaturen prostet man sich auch in der Post-Sektsteuer-Ära gerne mit einem Glas italienischen Sprudels zu.

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Der „Rich Prosecco“ in der Dose, den die Party-Blondine Paris Hilton im April in Ischgl promotet hatte, wurde aus Test-logistischen Gründen ausgeschieden. Im Blindtest wäre die goldfarbene Dose unter Flaschen nur schwer zu tarnen gewesen. Und häufiges Umleeren macht ein volatiles Produkt mit Kohlensäure auch nicht unbedingt besser. Auf das „Ist“-Getränk wurde verzichtet, die Auswahl beschränkte sich auf 21 im Fach- und Lebensmittelhandel erhältliche Prosecco-Weine, von denen zwei wegen Flaschenfehlern aus dem Test genommen wurden. Die jeweils fünf besten in zwei Klassen, Frizzante (1 bis 2,5 bar Druck) und Spumante (Schaumwein ab 3,5 bar) werden detaillierter beschrieben.

Prosecco schmeckt relativ zart, fast neutral und erinnert an reife Birnen und Äpfeln mit eine Hauch von Nüssen. Um das Getränk, das wegen des Gerbstoffreichtums der Rebsorte auch durchaus leicht herb sein darf, gefälliger zu machen, wird es gerne mit etwas Restzucker ausgebaut, wobei die Süßebezeichnungen auf den Etiketten schon einige Interpretationsphantasie erfordern. Man orientiert sich zwar an den EU-Schaumweinbezeichnungen, folgt diesen aber nicht 100prozentig. Frizzante gibt es secco und amabile, was aber selten am Etikett zu finden ist. Spumante wird brut, extra dry und dry ausgebaut, wobei sich die Werte überlappen: Wer es wirklich trocken mit sowenig Restzucker wie möglich mag, ist mit „brut“ (bis maximal 15 g/l), dem modernsten Ausbaustil, auf der sicheren Seite. „Extra dry“ hat laut Bestimmungen zwischen 12 und 20 g/l Restzucker, dry zwischen 17 und 35 g/L, kann also schon deutlich süßer ausfallen. Wie die Süße jetzt wahrnehmbar ist, hängt von der Qualität des Produkts ab: Bei Prosecco von guten Produzenten steht Süße nie alleine für sich, sondern wird durch andere Geschmackskompnenten – Säure, Frucht etc. – ergänzt und ausbalanciert.

Wenn Prosecco di Conegliano e Valdobbiadene kommt aus der Urheimat dieser Rebsorte, dem Hügelland zwischen diesen beiden Orten, das gesetzlich als DOC (kontrolliertes Herkunftsgebiet) definiert ist. Das Getränk muss zu 85 Prozent aus der Prosecco-Traube hergestellt (Rest aus Rebsorten wie Verdiso, Perera, Bianchetta oder Prosecco lungo) und in einer der Gemeinden dieses Gebiets vinifiziert worden sein und eine Labor- und Geschmacksprüfung durchlaufen haben. Abfüllung erfolgt in Sektkellereien der Provinz Treviso, für eine Abfüllung in der Nachbarprovinz Venedig ist eine Genehmigung erforderlich. Die Herkunftsbezeichnung kann auch enger gefasst werden Prosecco di Valdobbiadene z.B. Cartizze oder Superiore di Cartizze ist eine besondere Lage in der Nähe von Valdobbiadene und darf ausschließlich dry (17 – 35 g/L Restzucker) abgefüllt werden. Colli trevigiani IGT (Indicazione geografica tipica) ist eine wesentlich größer gefasste geografische Einheit, die auch weniger strengen Produktionsregeln unterworfen ist. Im Falle von Prosecco sagt das nichts über die Qualität aus, da dies bei Prosecco stark Produzentenabhängig ist.

Die Angabe VSQPRD (Vino spumante di qualitá prodotto in una regione delimitata) ist selten aber doch auf Prosecco-spumante-Etiketten zu finden und entspricht dem EU-Oberbegriff für “Qualitätsschaumwein bestimmter Herkünfte”, sollte also auf einigermaßen gute Qualität hindeuten. Häufiger ist der Begriff auf dem italienischen Edel-Spumante “Franciacorta” zu lesen.

Die Kriterien

Getestest wurde in zwei Produktgruppen. In der Frizzante-Gruppe spielten österreichische Perlweine als „Piraten“ mit, um auszuprobieren, wie sie sich mit ihrer durchwegs kräftigerer Aromatik im Vergleich zu den stark verbreiteten Prosecco-Frizzantes halten. Ein weitere Erkenntnis: Die Frizzante-Verarbeitung der Trauben, also die mit dem geringeren Kohlensäuredruck, hat zumindest in dieser Auswahl das stimmigere Getränk ergeben. Einige der Spumantes wirkten oft unnötig „aufgemotzt“, die schlichtere Vinifikation der Frizzantes wirkte harmonischer und dem nicht sehr intensiven Geschmack der Rebsorte angemessener. Wichtig ist es Prosecco (wie übrigens alle sprudelnden Getränke) möglichst frisch gefüllt ins Glas zu bekommen, was aber nicht nur vom Produzenten abhängt. Das bedeutet, dass man sich auch auf den Händler, die Bezugsquelle verlassen muss, um ein frisches Produkt zu bekommen. Das Abfülldatum ist zwar häufig aufgedruckt, allerdings meistens kodiert. Ein Produzent im Test, San Simione, gibt es auf seinem Frizzante-Rückenetiketten unkodiert an.

Frizzante-Ergebnisse

1. Drusian, Prosecco di Valdobbiadene, 7,90 € bei Raddatz
In einer puristisch etikettierten Flasche, die mit Kronenkork oder Naturkork verschlossen ist, wurde ein fein perlender delikater Wein gefüllt, der prototypisch nach Birnen und nach Minze duftet, kühl und frisch-apfelig über die Zunge rinnt und einhellig einen höchst ansprechenden Eindruck hinterlässt - zum Dahintrinken, wenn’s heiß ist.
8,3

2. Prosecco Ovale Verde 2006, Colli Trevigiani, Martellozzo, 2,46 € Interspar, www.weinwelt.at
Auch hier die Prosecco-typische zarte Birnenaromatik, die sich gut entwickelt; etwas kräftigeres, „bissiges Mousseux“; fühlt sich trocken an, trotz etwas Restsüße, feine Zitrusnoten, rund und weich im Abgang und dezent herb; leicht mostig; harmonisch
7,8

3. Riva di Rocca Prosecco, Colli Trevignani IGT, Martino Zanetti, 5,52 € bei Vergeiner, www.vergeiner.com
Was die einen als „flach“ empfanden, schätzten andere Juroren als „filigran“ - was einmal grundsätzlich darauf hindeutet, dass er nicht unbedingt der Schwarzenegger aller Prosecchi ist (ist auch nicht notwendig ist, sondern eine Stilfrage, die jeder für sich beantworten muss); leicht bitter mit markanter, aber frischer Säure; zeigt gute Entwicklung und schwindet nicht sobald.
6,6

4. Cànevo Prosecco DOC, Azienda La Pieve, 5,49 € Billa, Schottengasse
Üppige Frucht und aus dem Glas springende Aromen und Frisch gefielen gut; im Geschmack machte sich leichte Einttäuschung breit, da der Wein mit den ausdrucksstarken Aromen im Geruch nicht mitkam: relativ „einfach“, fast zuviel Restsüße, trotzdem frische Säure und ausgewogene Perlage, was ihn wieder recht saftig macht.
6,2

5. Case Bianche Brusolé, Prosecco di Conegliano e Valdobbiandene, M. Zanetti, 7,30 €
Vergeiner Prosecco der Einzellage “Vigna Brusolé” ist trocken (9g/l Restzucker): frisch und schlank, riecht intensiv nach Birnen und Äpfel mit dezenten Hefenoten und milder Säure (bis zur Laschheit), wurde insgesamt als okay und ausgewogen, aber fast als zu brav empfunden
6,1

6. San Simione “Il Concerto”, Frizzante, Colli Trevigiani IGT 5,82 € bei Alpe Adria Weindepot www.wein-online.at
wird mit unkodiertem Abfülldatum ausgeliefert
5,9

7. Canella Prosecco Marca Trevigiana IGT, 6,99 € bei Wein & Co
5,6

Spumante-Ergebnisse

1. La Marca Prosecco Spumante, extra dry, Consorzio Cantine Sociali della Marca Trevigiano, 4,49 € bei Interspar www.weinwelt.at
durchwegs Lobeshymnen erhielt der Sieger: animierender Fruchtmix, zartes Röstaroma; hält am Gaumen, was Nase verspricht: angenehmes Süße-Säure-Spiel, recht kräftiges aber weiches Mousseux, zart herb im Abgang; süffig; pikante Frische, Saft und Frucht und gute Länge - zum Weitertrinken
8

2. Nino Franco, Rustico, Prosecco Spumante, „10g/l zucchero“ lt. Etikett, 9,99 € Wein & Co www.weinco.at
Der einzige Prosecco-Erzeuger in diesem Test, der auch vom Gambero Rosso 2006 für “gläserwürdig” befunden wurde; dieser Wein wurde mit einem Glas (von drei möglichen) ausgezeichnet: frisch, Restsüße zart und harmonisch, Birnenduft gschmackig, knackig und spritzig, resch; zarte Brotaromen am Gaumen, vielschichtig interessant und frisch, leicht herb im Abgang, mittellang, leicht rustikal, aber gute „Kombi“ von Perlage und Säure
7,8

3. Case Bianche Prosecco di Conegliano Valdobbiadene 2002, extra dry, M. Zanetti, 8,20 € Böhle & Ruff, Wien, Wollzeile 30, www.boehle.at
geteilte Aufnahme fand diese Variante, wobei ihm seine Fans hoch einstuften: exotische Frucht mit leichten Anklängen an Minze, Sorbet-Feeling, extrem spannende Nase, geradlinig, aber vielschichtig, lebendig, kein übermäßiger Restzucker; die Gegenseite empfand ihn als befremdend, säuerlich-hefig
6,3

4. Villa Sandi Prosecco di Valdobbiadene, dry, 9,99 € Wein & Co
Zählt zu den vom Gambero 2006 “weiters” empfohlenen Weingütern: Birne pur, Zitrus, „Eiszuckerl“-Aromen, wie sie bei sehr kühler Vergärung entstehen können; kräftige Säure wird durch Restzucker etwas „gefügig“ gemacht, weshalb er fast zu „kommerzig“ wird; zart nussige und Honig; insgesamt positiver Eindruck: sehr rund und harmonisch, guter Schnüffelwein, der im Geschmack etwas „zerfällt“
5,6

5. Case Bianche Vigna del Cuc 2005, Prosecco di Valdobbiandene, M. Zanetti. brut, 8,60 € Vergeiner
Spumante der Einzellage Cuc mit 10 Prozent Chardonnay: fruchtig-exotisch, dezente Hefe, starke Perlage mit guter passender Säure; mundfüllend; für andere „vielleicht ein bisschen zuviel des Guten“: vor allem im Geschmack etwas unrund, dichte Schaumkrone, die nachhaltig süßlich schmeckt und „an den Zähnen kleben“ bleibt.
5,2

6. San Simione “Il Concerto” Colli Trevigiani IGT, brut, 6,90 € Alpe Adria Weindepot www.wein-online.at
süß und herb zugleich, gute Perlage, nicht unattraktiv, aber ist rasch dahin
5,1

7. Prosecco die Valdobbiadene DOC, Cantina Produttori Valdobbiadene, extra dry, 3,99 € Hofer
sehr “sektig”, mittellang, sehr viel Mousseux fast wie Schaumbad, kräftige Süße
4,9

8. Riva di Rocca Prosecco spumante, VSQ, Abfüller I.C.R.F.; extra dry, 7,20 € Vergeiner
4,6

9. Borgo Magredo Prosecco Spumante, extra dry, 6,90 € Alpe Adria Weindepot
4,5

Der „Pirat“

Rizzante 2005, trocken, Weingut Diem, Obermarkersdorf, 5 € ab Hof www.diem-weine.at
Der Riesling-Pirat aus dem Weinviertel erhielt die höchste Punktezahl aller Testweine (Vertrautheit des Geschmacks?): Er erinnert an Muskattrauben und exotische Früchte, weiches, fast schaumiges Mousseux, lebhafte, gut eingebundene Säure, harmonisch, mittellanger Abgang, macht mit all seiner Restsüße viel Spaß und entwickelt sich gut, obwohl er zu Beginn nicht alle überzeugt hat, erfrischender Aperitif
8,2

Weiters: Frizzante Cuvée Muskat Ottonel & Riesling 2005 und Frizzante Cuvée Welschriesling & Sylvaner 2005, beide mit Zweitgärung in der Flasche

Besonderen Dank an Sylvia Petz und das Team des Palais Coburg, Wien, die Räumlichkeiten und Logistik zur Verfügung gestellt haben, an die Händler und Importeure für die Weine, sowie an die Jury Christa Fuchs, Silvia Fracaro, Wolfgang Hewarth, Vene Maier und Sylvia Petz. (Längere Online Version eines Artikels aus DER STANDARD - Printausgabe, 5. August 2006)