Juliane Werner und Horst Heiss unter gefährlichen Umständen in Ernst M. Binders "Titograd".

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Wie die Stadt heißt, in der kein Zug mehr hält, erfährt man nicht. Doch in der tristen Bahnhofshalle, in der sich die Protagonisten von Ernst M. Binders neuestem Stück Titograd treffen, spielen konkrete Namen ohnehin keine Rolle. "Irgendwer" oder "Niemand" oder "Ich" heißen die Figuren etwa, die allesamt verschieden alte Platzhalter für Verzweiflung, zerstörte Illusionen und von Hoffnungen kahl geschlagene Seelen sind. Titograd steht für eine Stadt, die es nicht gibt, weil an eine Idee oder Vision nicht mehr geglaubt wird, weil sie den Menschen geraubt wurde. Bei der Uraufführung in der Theo Studiobühne im steirischen Oberzeiring am Wochenende überzeugte vor allem der Autor Binder mit seiner gewohnt präzisen, direkten, nie zu verschnörkelten und doch poetischen Sprache. Der Regisseur Binder konnte diese eigene Sprache, die als eine Schrift gewordene Seelenstagnation großteils auf Verben verzichtet, aber leider wenig spannend umsetzen. Schauspieler wie Horst Heiss, Rudi Widerhofer oder Juliane Werner sah man allesamt zu anderen Gelegenheiten überzeugender. Die Begegnung von sieben Menschen wird eher zu einer traurigen Folge von Monologen statt zur wirklich unter die Haut gehenden Interaktion. (cms/ DER STANDARD, Printausgabe, 12.9.2006)