Basel - Der Gründer und langjährige Leiter der Basler Komödie, Egon Karter, starb 95-jährig am 17. November, wie seine Familie am Mittwoch mitteilte. Er hatte in der Zwischenkriegszeit u.a. an der Wiener Volksoper gespielt und nach 1945 die Theatergeschichte Basels wesentlich mitgeprägt. Fast wäre es dazu nicht gekommen. Denn als Karter nach einer abenteuerlichen Odyssee über Belgien und Frankreich 1942 schwimmend am nördlichen Genferseeufer landete, wollte man ihn gleich wieder an die Grenze stellen. "Polen haben wir schon genug", hieß es im Militärgefängnis, wo sich der gebürtige Mährer als polnischer Jude ausgab.

Nach einigem Hin und Her wurde er als Flüchtling anerkannt und in Witzwil interniert - dem schlimmsten der sechs Schweizer Arbeitslager, die er kennen lernte. Obwohl er dort bis zum Umfallen Kartoffeln ernten musste, bezeichnete er die Internierung später als Glück: "Die Schweiz hat mich gerettet". Schon in den nächsten Lagern durfte er in seiner angestammten Profession als Operettensänger und Schauspieler auftreten und mit einer Internierten-Truppe auf Tournee gehen. Nach der Repatriierung nach Holland kehrte er sofort in die Schweiz zurück.

Karter war am 18. Oktober 1911 in Mährisch-Ostrau, dem heutigen Ostrava in der Tschechischen Republik, geboren worden und stand schon 1928 erstmals auf einer Bühne. Er begann in Provinztheatern und Wanderbühnen und stieg auf bis zur Wiener Volksoper. 1935 hatte er sogar eine kleine Rolle im Film "Das Geheimnis der Mondscheinsonate".

Ab 1936 gastierte er - meist als Spieltenor in Operetten - an den Stadttheatern von Zürich, Basel und Luzern sowie am Corso Theater Zürich. Danach ging er nach Den Haag. 1940 gründete er in den Niederlanden eine Theatergruppe, die ausschließlich Juden zugänglich war. 1942 gelang ihm knapp die Flucht vor den Nazis.

In der Schweiz, wo er schon während seiner Internierung am Städtebundtheater Biel-Solothurn tätig gewesen war, gründete er 1947 das Tournéetheater "Schweizerisches Schauspielensemble". Mit dabei waren unter anderem Hans Albers und Maria Schell.

1950 gründete Karter mit der Basler Komödie das erste Schweizer Kammertheater. Auf dem Spielplan standen Klassiker von Shakespeare über Schiller bis Strindberg - teilweise auch als Freilichtspiele - dazu zeitgenössische Autoren wie Beckett, Sartre und Dürrenmatt, aber auch Boulevardstücke und Lustspiele.

Viele Inszenierungen wurden ins Ausland eingeladen. Umgekehrt wurde das Stammensemble mit Gaststars wie Maria Becker, Hans- Joachim Kulenkampff, Alfred Lohner oder will Quadflieg ergänzt. Der Erfolg der Komödie dürfte mit ein Grund gewesen sein, dass Korter 1955 in Basel ohne Probleme eingebürgert wurde.

Nach dem Zusammenschluss der Komödie mit dem Stadttheater im Jahr 1968 packte Karter wieder der Freiheitsdrang und er gründete das Tournéetheater Egon Karter. Auch hier standen große Namen auf dem Programm: Fritz Kortner, Gerhard Klingenberg und Harry Meyen als Regisseure, Leonard Steckel, Elisabeth Flickenschildt und Klaus-Maria Brandauer als Darsteller.

Ab Mitte der 70er Jahre bis 1986 leitete er den Reiss-Verlag, wo er das dramatische Werk Friedrich Dürrenmatts betreute. 1979 durfte er deshalb in seinem Gastspieltheater die Bühnenfassung der "Panne" uraufführen. Mit "Dürri" blieb er bis zu dessen Tod 1990 eng befreundet. (APA/sda)