Bild nicht mehr verfügbar.

Das Luxussegment in China wächst so wie die Autos selbst: Bei der Autoausstellung in Peking sieht man aber, dass auch früher schon geprotzt wurde. Im Bild ein chinesischer Bonzentransporter aus dem Jahr 1976 namens "Rote Fahne".

Foto: Reuters
Vor den Toren der Pekinger Automesse rückten Hundertschaften an Polizisten an. Sie bereiten sich auf das Wochenende vor, wenn der Massenansturm chinesischer Autofans über die noch bis Montag dauernde bisher größte chinesische Automobilmesse, der "Autochina 2006", herfällt.

Die Beamten sollen nicht nur die öffentliche Ordnung aufrechterhalten. Sie machen auch Jagd auf Verkäufer gefälschter Eintrittskarten. "Wir fischen uns die Huangniu heraus", sagten sie der Zeitung China Times. Mancher westlicher Manager wünschte sich, dass sie „Huangniu“ (Gelben Büffel) wie Schwarzhändler und Fälscher genannt werden auch hinter Eintrittstoren aufspüren.

In den Hallen grassiert Abkupferei

Denn in den zehn Hallen der Autochina mit 1500 Ausstellern und 570 Modellen wimmelt es von nicht einmal notdürftig kaschierten Plagiaten, nachgebauten Autos und Autoteilen. Selbst ein Funktionär des Autoverbandes sprach im staatlichen Rundfunk von einer "Schande". Unter den rund 600 Ausstellern kleiner chinesischer Autotypen grassiert Abkupferei.

Karawane ist nicht aufzuhalten

Doch Chinas Auto-Karawane ist nicht mehr aufzuhalten. 2006 werden sieben Millionen Neuzulassungen von Fahrzeugen erwartet. Darunter sind 4,1 Millionen Pkw (einschließlich 32.0000 Luxuswagen). 2007 wird China um zehn bis 15 Prozent zulegen, rechnet Zhang Xiaoyu, Vorstand des Automobilverbands. 2010 werde das Land mit mehr als zehn Millionen jährlich produzierten Fahrzeugen Japan überholt haben und sich die USA vornehmen. "Chinas Autoproduktion ist seit unserem WTO-Beitritt 2001 um 300 Prozent gewachsen. 2001 hatte uns das niemand zugetraut." Auf dem boomenden, aber mit Rabattschlachten und ständig neuen Modellen (allein 2006 kamen 100 Modelle dazu), brutal umkämpften Markt treten heute alle großen Marken an.

92 Modelle

Das kommt den Auto-Messen zugute, die wie jetzt die Auto-China 2006 in die A-Liga der internationalen Autosalons vorstoßen. 92 neue Modelle gaben in Peking ihr China-Debüt, darunter auch Chinas Nummer Eins: der SAIC-Konzern mit seinem chinesischen Rover, der bis 2010 zur Plattform für eigene Modelle werden soll. "In fünf bis sieben Jahren sind Chinas Marken soweit, uns Konkurrenz auf den Weltmärkten zu machen" sagten übereinstimmend vom Standard befragte Autobauer.

Auf der Auto-China zeigte die Volkswagen-Gruppe ihr erstmals mit China gemeinsam entwickeltes Konzeptauto "Neeza" und einen neuen Passat Modell Magotan. VW schreibt auch wieder schwarze Zahlen. Noch schneller als die Deutschen, Franzosen oder Amerikaner wie etwa Ford, die mit 52 Modellen und sechs Marken größter Aussteller und Nummer Drei nach VW und General Motors auf Chinas Markt geworden sind, verkaufen sich die Japaner, Südkoreaner und Chinesen.

Mangelnde Qualität

Das rasche Produktionswachstum bei Chinas Firmen hat ihre Kehrseite in der mangelnden Qualität. Während der Automesse wurde bekannt, dass 77 Prozent aller Wagen innerhalb der ersten sechs Monate Mängel bei Rädern, Bremsen, Schaltungen aufweisen. Grund sind Preiskriege und schlecht bezahlte Zulieferer. Die Kleinwagen von Chery Geely und Changan Alto kosten auch nur 3000 bis 5000 Euro. (Jonny Erling aus Peking, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25./26.11.2006)