Drei, die sich für ein Leben nach der Armut bewerben: v. li. Stefanie Dvorak, Johannes Krisch, Roland Kenda.

Foto: Burgtheater

Wien - Der Rückzug aus der Gesellschaft folgt keinem subversiven Kalkül. Er ist kein Ausbruch aus der verordneten Norm, sondern die zwangsläufige Folge des im öffentlichen Leben Nichtgebrauchtwerdens. In Martin Heckmanns' Das wunderbare Zwischending hat sich die Gesellschaft von Anne (Stefanie Dvorak) und Johann (Johannes Krisch) vorsorglich verabschiedet und zum Lebewohl immerhin eine Sozialwohnung spendiert.

Zwei langzeitarbeitslose Künstler hocken also in den eigenen vier Wänden und erklären das Privatleben zum Job: Sie drehen einen Film über sich selbst. Heckmanns führt eine Liebesgeschichte mit einer modernen Zwangspositionierung zusammen. An ihren prekären Zuständen nimmt die Welt am liebsten in Form von Talkshows teil.

Nach Finnisch und Schieß doch, Kaufhaus!, den bekanntesten Stücken des 35-jährigen Dramatikers, türmen sich auch in Das wunderbare Zwischending Sprachweisen der Ohnmacht. Getragen von einem Paar, das im Bann der Supermarktprosa - es ist dies die einzige Sozialisierung, die sie in ihrer Isolierung noch erfahren - eine Erzählweise für sich selbst retten möchte. Die Grußbotschaften aus der Werbung halten ihre Kommunikation im Würgegriff. Bei der Erstaufführung im Burg-Vestibüls schrak Regisseur Rudolf Frey deshalb auch nicht vor einem "Ja natürlich!"-Schweinderl-Auftritt zurück.

Zwei Menschen drehen ihre vergangene Liebesgeschichte neu, weil sie in der Zukunft nichts erwartet. Was bleibt den Gefallenen anderes als die eigene Wiedererrichtung!? Es geht aber nicht um die Rückeroberung und Rekonstruktion des Gewesenen, nicht um dessen Inhalt - und gottlob findet sich in der fröhlich menschelnden Inszenierung keine Handycam -, sondern um die Aushöhlung des Subjekts.

Das als Liebesfilm neu gedrehte Leben beinhaltet das Ich und zugleich auch dessen vom Markt programmiertes Abbild. Beides schiebt sich bei Heckmanns bis zur Ununterscheidbarkeit ineinander. Sie gelten fatalerweise gleich viel. "Machen wir Frühstück oder machen wir ein Kind?" fragt Johann (Krisch) mit reichlich raubeiniger Mimik. Für einen Ausflug setzen sie Pudelhauben auf und erklimmen den alten Kühlschrank; in der Tribünenversenkung nehmen sie ein Wannenbad (Bühne: Vincent Mesnaritsch) zwecks Rekapitulation der nach sieben Jahren Zusammensein abgeschlafften Sado-Ambitionen.

Als Assistent dieser Liebesgeschichte reloaded fungiert der formvollendete Mann vom Amt (Roland Kenda), der sich schließlich dreist als Nebenbuhler ins Spiel bringt. Ein Theaterabend, der gut, aber eine Spur weniger ernsthaft war als seine Vorlage. (Margarete Affenzeller / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.1.2007)