Haben Dienstnehmerin und Dienstgeber unterschiedliche Vorstellungen von der Elternteilzeitbeschäftigung, entscheidet das Gerichtsurteil. Das Besondere: Es kann durch kein Rechtsmittel bekämpft werden.

Verteilt über ganz Österreich, fällen daher Arbeits- und Sozialrichter die ihnen sachgerecht erscheinenden Elternteilzeit-Urteile. Nie wird man erfahren, ob der Oberste Gerichtshof ihre Rechtsansicht teilt. Eine Orientierung an ähnlich gelagerten und von höheren Gerichten bereits entschiedenen Fällen ist nicht möglich. Es kann durchaus vorkommen, dass Richter in vergleichbaren Fällen gegensätzlich entscheiden.

Ein instanzliche Verfahren sind äußerst selten in unserer Rechtsordnung: Wer ein Monatsgehalt einklagt, wer mit seinem Dienstzeugnis unzufrieden ist, kann ein Berufungsgericht anrufen und allenfalls bis zum OGH gehen. Nicht so eine Dienstnehmerin, die das Gericht für die nächsten Jahre zu mehr Wochenstunden einteilt als von ihr geplant; nicht so der Dienstgeber, der für die rückkehrende Mutter weniger Arbeit hat, als das Urteil ihr zuspricht. Eine überzeugende Begründung für diese Verfahrensverkürzung ist nicht ersichtlich; auch wenn großes Interesse an einer raschen Entscheidung über die Rückkehr in die Elternteilzeit besteht. Rasche Entscheidungen sind aber auch in anderen Gebieten gefragt: im Arbeitsrecht etwa bei der Anfechtung von Entlassungen; im Familienrecht bei der Wegweisung des gewalttätigen Partners; im Wettbewerbsrecht beim Verbot irreführender Werbung.

Hier nimmt das Gesetz den Parteien aber nicht den Instanzenzug, sondern sieht entweder ein Eilverfahren vor, das die Gerichte vorrangig durchführen müssen; oder es lässt das Urteil erster Instanz vorläufig gelten, während im Hintergrund Berufungs- und Revisionsverfahren weiterlaufen.

Fehlentscheidungen

Der Arbeitsrechtler Franz Schrank hält den Ausschluss jeglichen echten Instanzenweges für gleichheitswidrig. Er könne keinen Grund erkennen, "warum nicht auch hier mit einem dieser Instrumente das Auslangen gefunden wird, ohne gleich den für einen Rechtsstaat unverzichtbaren Rechtsschutz jeder Seite gegen Fehlentscheidungen über Bord zu werfen".

Der OGH hat am fehlenden Instanzenzug bisher allerdings nichts auszusetzen (9 Ob A 140/05m vom 30. 9. 2005): Dies sei verfassungskonform, weil er der Verfahrensbeschleunigung dient und vor der Klage ein "umfassendes innerbetriebliches Verfahren" durchgeführt werden muss. Dass ein "Outsourcen" von Instanzen in die Unternehmen mit einem Rechtsstaat vereinbar ist, bleibt aber mehr als zweifelhaft; zumal das innerbetriebliche Verfahren so umfassend nicht ist. Über die gegensätzlichen Vorstellungen sollen Dienstgeber und Dienstnehmerin zwar – allenfalls mit Betriebsrat und Interessenvertretungen – verhandeln; in der Praxis erschöpft sich dies aber oft in einem einstündigen Vieraugengespräch ohne Ergebnis. Kein unabhängiger Jurist muss dabei die Lage im Betrieb und der Familie der Dienstnehmerin untersuchen, die beidseitigen Interessen sachlich abwägen, auf eine Schlichtung hinwirken. Damit kann dieses Vorverfahren keiner gerichtlichen Instanz gleichgehalten werden.

Dazu Schrank: "Während sonst, auch im Arbeitsrecht, selbst bei relativen Kleinigkeiten grundsätzlich drei Instanzen offen stehen, wird hier der Rechtsschutz in einer Sache verwehrt, die für jede Seite auf Jahre hin (bis zu sieben Jahren) massive materielle Auswirkungen haben kann, sodass das Interesse an einer richtigen Fallentscheidung auch bei längerer Verfahrensdauer keineswegs überholt ist." Der einfache Gesetzgeber könne den Rechtsschutz nicht mit dem Beschleunigungsargument verweigern, geschweige denn mit dem "Outsourcing"-Argument, ohne gegen den verfassungsgesetzlichen Gleichheitssatz zu verstoßen.

Freiwillige Basis

Die neue Elternteilzeit ist somit rechtstechnisch nicht geglückt; doch auch die positive Wirkung auf die Beschäftigung von Eltern ist zu bezweifeln. Nach Auskunft der Wirtschaftskammer Wien haben Betriebe schon lange vor Einführung des Rechtsanspruches auf Elternteilzeit auf freiwilliger Basis Teilzeit in hohem Ausmaß angeboten: "Die Wirtschaft hätte diesen positiven Weg zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch ohne gesetzliche Verpflichtung fortgesetzt", heißt es. (Kristina Silberbauer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.1.2007)