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Auf die Frage, ob Deutschland auch dazu bereit wäre, für seine in Österreich studierenden Studenten zu bezahlen, wollte sich die Sprecherin des deutschen Ministeriums nicht äußern.

Foto: AP/Pitmann
Wien - Die gute Nachricht: Deutschland hätte kein Problem mit Österreichs Quotenregelung für den Uni-Zugang zum Medizinstudium. Man halte die 75-Prozent-Reservierung für Österreicher für einen "angemessenen Kompromiss", hieß es am Donnerstag aus Berlin: "Österreich wird von uns unterstützt."

Die schlechte Nachricht: Das wird nicht viel helfen. Denn für die EU-Kommission sind Quotenlösungen inakzeptabel. Sie gelten als Diskriminierung von EU-Bürgern und die ist verboten. Das Zauberwort, das seit dem Mahnbrief der EU-Kommission an Österreich wegen der Quotenregelung herumgeistert, heißt also "politische Lösung".

Wie eine solche aussehen könnte, ist offen. Die erneute Zurückweisung des österreichischen Quotenmodells sei jedenfalls "völlig offensichtlich und erwartbar" gewesen, sagt Europarechtsprofessorin Margit Karollus von der Universität Linz im Standard-Gespräch. Ausgerechnet mit einer Quote auf das erste Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Juli 2005 zu antworten, sei wahrlich eine "glorreiche Idee" gewesen, in Anbetracht dessen, dass in der EU Quoten verpönt sind: "Da ist Österreich sehenden Auges ins Messer gerannt."

Jetzt stehe Österreich an dem Punkt, "wo man wohl an der heißen Kartoffel nicht mehr herumkommt" - will heißen, eine Uni-Zugangsregelung zu entwickeln, die "völlig diskriminierungsfrei gestaltet ist", also für Österreicher und EU-Bürger absolut gleich gilt.

Den österreichischen UniZugang mit dem Spezialproblem Medizin auf EU-Ebene zu regeln, hält Karollus "für eher unrealistisch". Ähnliches dürfte für einen bilateralen Finanzausgleich Österreich und Deutschland gelten, um den sich Wissenschaftsminister Johannes Hahn (VP) bemüht.

"Ich persönlich glaube, dass es eher einen Zug hin zu leistungsabhängiger Zugangsbeschränkung an den Unis geben wird", sagt die Linzer Europarechtlerin. Wie der konkret gestaltet werden könne, sei keine juristische, sondern eine politische Frage, er dürfe nur niemanden diskriminieren. Margit Karollus nennt als denkbare leistungsabhängige Komponenten "Anknüpfungspunkte an das Maturazeugnis bis hin zu Einstiegstests".

Auf Zeitgewinn zu setzen und das in zwei bis zweieinhalb Jahren zu erwartende EuGH-Urteil tatenlos abzuwarten, wäre auf jeden Fall nicht ratsam, sondern höchst riskant und ein finanzieller Hasard, deutet die Juristin an.

Warten kann teuer sein

Es gebe eine Judikatur des EuGH, wonach Länder, die in so einer Konstellation nicht handeln, mit "substanziellen Strafen" sanktioniert werden. "Österreich muss sofort etwas machen, wenn man nicht zur Kasse gebeten werden will."

Tempo fordern auch die Rektoren. Noch heuer müsse die Regierung eine Neuregelung des Uni-Zugangs auf den Tisch legen. Und zwar für das Gesamtsystem, nicht nur für Medizin und die sieben anderen Fächer, in denen bis Sommer 2007 noch Zugangsbeschränkungen erlaubt sind.

Für Rektorenchef Christoph Badelt ist unstrittig, dass "aus österreichischer Perspektive verstärkt darauf hingewiesen werden muss, dass bei einem Überschwemmen von Deutschen langfristig die Versorgung mit Medizinern in Österreich nicht sichergestellt ist", sagt er zum Standard. Es sei auf EU-Ebene zu lösen. Aber die Regierung wäre mit der Lösung des "Deutschen-Problems an den Medizin-Unis" nicht dispensiert von ihren Hausaufgaben im Uni-Bereich: "Das ist ein wichtiges Problem, aber nur Teil eines Gesamtproblems Uni-Zugang."

VP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek würde mit einem Kreditmodell arbeiten: Nur wer nach dem Medizin-Studium in Österreich arbeitet, soll die Studiengebühr über Steuererlässe refundiert bekommen. Mittelfristig hofft sie auf einen europäischen Finanzausgleich. Brineks SP-Pendant Josef Broukal setzt unverändert auf "politische Lösung statt Steuerakrobatik", die FPÖ auf einen Ausbau der Medizinplätze mit Vorrang für Österreicher, um Ärztemangel vorzubeugen. Vielleicht schon zu spät, meint VP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger. "In sieben bis zehn Jahren droht der Zusammenbruch unseres Gesundheitswesens." (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD Printausgabe, 26. Jänner 2007)