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Foto: APA/Pfarrhofer
Graz - Zwischen dem Schulerfolg eines Kindes und seinem Geburtsmonat besteht offenbar ein Zusammenhang. Das ergab eine Studie der Grazer pädagogischen Psychologen. Demnach ist das Risiko, eine Klasse zu wiederholen, bei Kindern, die in den Sommermonaten geboren wurden, 60 Mal höher als bei jenen, die im Herbst geboren sind. Besonders betroffen seien jüngere Buben, so Luise Hollerer, Leiterin der zuständigen Fachsektion beim Verband Österreichischer Psychologen (BÖP).

Entwicklungsunterschied

In der Entwicklungspsychologie gehe man davon aus, dass Kinder unterschiedlich reifen, erklärte Hollerer der APA. "Deshalb muss man davon ausgehen, dass es zwischen den Schülern, die im September geboren sind und denen, die Ende August Geburtstag feiern, einen großen Entwicklungsunterschied (im Zeitpunkt des Schuleintritts, Anm.) gibt." Wer bis zum 31. August eines Jahres sein sechstes Lebensjahr vollendet, wird am 1. September dieses Jahres schulpflichtig. Wer nachher geboren wird, muss erst im Jahr darauf in die Schule gehen. Hollerer und ihr Kollege Hubert Schaupp an der Pädagogischen Akademie in Graz-Eggenberg untersuchten nun 43.560 Datensätze von Volksschülern der 1. bis zur 3. Schulstufe aus einem österreichischen Bundesland. Von der Gesamtzahl wiesen laut Studie 1.467 Schüler - darunter 623 Mädchen und 844 Buben - "Laufbahnprobleme" auf: Sie mussten eine Klasse wiederholen. Bei beiden Geschlechtern waren die jüngeren am stärksten benachteiligt. Auf drei Geburtszeitraum-Gruppen - September bis Dezember, Jänner bis April und Mai bis August - aufgeteilt gab es mit 555 Kindern die meisten Betroffenen ebenfalls bei den Jüngsten.

Altersfaktor wichtig

Bei den Buben hat der Altersfaktor einen größeren Einfluss auf den Schulerfolg als bei Mädchen: "Am signifikantesten war das Ergebnis bei den Buben, die im Mai bis August geboren wurden", so Hollerer. Die verhältnismäßig "älteren" Mädchen seien den Anforderungen der Volksschule am besten gewachsen, dann die jüngeren Mädchen, danach die älteren Buben und zum Schluss die jüngsten Schüler. Bei einer Hochrechnung auf rund 80.000 Volksschulkinder der 1. bis 3. Schulstufe könnte man davon ausgehen, dass 200 bis 250 Schüler eines Jahrgangs von "Laufbahnproblemen" betroffen sind, meinte Hollerer. Die Kinder seien durch ihren Geburtszeitpunkt vom Einschulungssystem systematisch benachteiligt, weil dem jeweiligen kindlichen Alter und der Entwicklung nicht Rechnung getragen werde. Nun fordern die Psychologen, dass der Lehrplan auf die unterschiedlichen Entwicklungskurven der Kinder stärker Bezug nehmen und die individuellen Möglichkeiten jedes Kindes entsprechend gefördert werden sollen. Offene Eingangsstufen und individualisierte Leistungsanforderungen täten nicht nur männlichen Sommerkindern gut. (APA)