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Wien - Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) hat nicht nur das "Bildungsdokumentationsgesetz" von 2002 geerbt, sondern auch die seit damals anhaltenden Streitpunkte. Hintergrund des Gesetzes war, mehr Daten aus dem Bildungsbereich zu erfassen, um Rückschlüsse auf das Bildungssystem ziehen zu können und Grundlage für die weitere Planung zu haben. Dass allerdings Schulerfolg, Betragensnoten, Teilnahme an Schulskikursen und andere Angaben personifiziert, also mit Angabe der Sozialversicherungsnummer eines Schülers, 60 Jahre lang gespeichert werden, ist nach wie vor umstritten.

"Wir haben laufend Beschwerden von Eltern", berichtet Hans Zeger vom Dateschutzverein Arge Daten. Derzeit unterstützt Zeger einen Vater, der sich weigerte, die Daten seiner Tochter anzugeben und von der Schuldirektorin angezeigt wurde. Über eine andere Direktorin wurde im vergangenen Jahr schon eine Strafe von 50 Euro verhängt, weil sie sich gegen die Datenerfassung wendete. "Es gab bisher noch keine ausreichende rechtliche Auseinandersetzung mit der Bildungsdokumentation", beklagt Zeger.

Unternehmen wären durchaus interessiert daran zu wissen, wie Stellenbewerber in der Schule abgeschnitten haben, befürchtet Zeger eine missbräuchliche Verwendung der Schülerdaten. Schließlich dürften jetzt schon neben der Statistik Austria auch das Gesundheitsministerium, Gerichte und Schulerhalter (etwa Bürgermeister) auf die Daten zugreifen. Von der SPÖ, die in der Opposition stets die Bildungsdokumentation kritisiert hatte, erwartet er sich nun "Bewegung".

Das will auch Schmied, die das Gesetz prüfen lassen will und eine Projektgruppe einberufen hat, um deren Expertise zum Gesetz zur "Entscheidungsbasis für die weitere Vorgangsweise" zu machen.

Daten an Auserwählte

Die von Arge Daten geäußerten Bedenken teilt die Statistik Austria nicht: Weder Unternehmen noch Behörden können die Bildungsdaten abfragen. Bildungs- und Gesundheitsministerium sowie Gerichte bekommen Informationen nur eingeschränkt, nämlich "im Rahmen der gesetzlich übertragenen Aufgaben", sagt Peter Findl, Leiter der Direktion Bevölkerung der Statistik Austria. Die Daten seien verschlüsselt und jede Abfrage mit der Sozialversicherungsnummer bedürfe eines "langen Vorlaufs", heißt es aus dem Bildungsministerium. Lediglich der Schulerfolg werde erfasst, von der Statistik Austria aber nur in Form von Statistiken weitergegeben. Alle Daten, wie beispielsweise Schulschikurse, würden nicht gebraucht, räumt Findl ein. Aber wenn ein Schüler sitzen geblieben sei, könne man aus der Bildungsdokumentation ersehen, ob diese Maßnahme etwas gebracht habe.

Es sei nicht nachvollziehbar, warum mehr Daten als nötig gesammelt werden, sagt Zeger. "Die EU verlangt das nicht, gewisse statistische Daten könnte man auch mit einem Fragebogen an die Direktoren erheben." Dort, wo die Daten gebraucht würden, etwa im Wiener Stadtschulrat, um etwa die Verteilung von Kindern nicht-deutscher Muttersprache zu analysieren, seien sie aber nicht verfügbar, kritisiert die Bildungssprecherin der Wiener Grünen, Susanne Jerusalem. Sie fordert genauso wie der Datenschützer eine anonyme Erfassung ohne Sozialversicherungsnummer. (kri, mil/DER STANDARD Printausgabe, 6. Februar 2007)