Letztes Jahr präsentierten die JugendvertreterInnen ihre Forderungen mit der Jugendagenda06, nun wird geprüft, welche Wünsche umgesetzt wurden.

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Wien - Die Bundesjugendvertretung (BJV) vermisst bei der Jugendpolitik der neuen Regierung die zündenden Ideen. Es gebe zwar gute Ansätze, der Mut zu grundlegenden Reformen fehle allerdings. Zu diesem Schluss kommt Anja Fellerer, Vorsitzende der BJV, nach einer "umfangreichen Analyse" des Regierungsprogramms. Auf insgesamt 18 Seiten haben die JugendvertrerInnen einzelne Punkte des Programms kommentiert. Zwar freut man sich zum Beispiel über die Senkung des Wahlalters, enttäuscht wurde die BJV aber vor allem im Bildungsbereich. Gute Ansätze sind laut Fellerer vorhanden, jedoch fehlten konkrete Vorschläge und Maßnahmen. Im Folgenden die wichtigsten Punkte der Analyse.
  • Jugendarbeitslosigkeit

Die von der Regierung geplante Berufsorientierung in der 7. Schulstufe befürwortet die Jugendvertretung, ergänzt aber, dafür ein eigenes Unterrichtsfach einzuführen. Positiv sei auch die Ankündigung, Atypisch Beschäftigte besser abzusichern. Dennoch übt Fellerer starke Kritik an den Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit: "Pläne, die vorsehen, dass Lehrlinge in Hinkunft während ihrer Ausbildung leichter gekündigt werden können, entsetzen uns."

  • Soziales

Mit der Einführung der Mindestsicherung von 726 Euro ist die neue Regierung den Wünschen der JugendvertreterInnen nachgekommen: "Gerade junge Menschen sind immer wieder von schwierigen Situationen in Umbruchs- und Übergangsphasen betroffen und benötigen in diesen Zeiten Unterstützung und umfassende soziale Absicherung. Darum muss gewährleistet werden, dass junge Menschen, die Probleme bei der Arbeitssuche haben oder armutsgefährdet sind, von der Mindestsicherung auch tatsächlich erfasst werden!", fordert die BJV-Vorsitzende.

  • Bildung

Enttäuscht sind die Jugendlichen über die ausgebliebene Bildungsreform: "Von einer Gesamtschule ist weit und breit nichts zu sehen, es ist lediglich vage von Investitionen in den Bildungsbereich die Rede. Wir hätten uns - zum Wohl der jungen Menschen in Österreich - eine umfangreiche und tiefgreifende Bildungsreform gewünscht." Der Vorschlag der Bildungsgarantie bis 18 Jahre sei schon lange diskutiert worden und bisher noch nicht umgesetzt.

  • Wissenschaft

Das heiß umstrittene Konzept "Soziale Arbeit gegen Studiengebühren" hält die Jugendvertretung für einen "schlechten Scherz", sie kämpft weiterhin für die vollständige Abschaffung der Gebühren. Auch in der Hochschulbildung vermisst die BJV grundlegende Neuerungen.

Dem Vorhaben, nicht-formale Bildung stärker anzuerkennen und damit das lebenslange Lernen zu fördern, stimmen die JugendvertreterInnen. Dazu sollen Instrumente entwickelt werden, Mitarbeit in Jugendorganisationen und Vereinen sollen ebenfalls als Zusatzkompetenzen anerkannt werden.

  • Wahlrecht

Der größte Plus-Punkt im Regierungsprogramm ist für die Jugendvertretung die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. "Das verbuchen wir durchaus als Erfolg der langjährigen Arbeit der Bundesjugendvertretung! Es ist in weiterer Folge natürlich notwendig, begleitende Maßnahmen zu setzen, etwa durch Politische Bildung an der Schule“, schlägt Fellerer vor. Da laut einer kürzlich veröffentlichten Studie die Mehrheit der Jugendlichen geringes Interesse an Politik zeigt, müsse man sie zur Partizipation motivieren.

  • Antidiskriminierung

Maßnahmen gegen Diskriminierung kommen im Regierungsprogramm nach Ansicht der JugendvertreterInnen zu kurz. Auf Frauenthemen wurde zwar eingegangen, die Asylpolitik jedoch vernachlässigt. "Bewusstseinsarbeit im Bereich Antidiskriminierung darf sich jedoch nicht ausschließlich auf den Bereich der Geschlechtergerechtigkeit beschränken, sondern muss alle Dimensionen von Diskriminierung thematisieren", schreibt die Jugendvertretung in ihrer Analyse.

  • Kinderrechte und Jugendschutz

Des Weiteren vermisst die BJV die Aufwertung der Kinderrechte. Diese sollten in die Verfassung verankert werden, um sie einklagbar zu machen. Zustimmung findet dafür die im Regierungsprogramm angekündigte Vereinheitlichung der Jugendschutzgesetze, die bisher auf Länderebene geregelt werden.

  • Zivildienstreform und B-JVG

"Wir fragen uns, warum im Regierungsprogramm kein Wort zum Zivildienst verloren wird", wundert sich die Vorsitzende Fellerer. Zu den Wünschen der Jugendvertretung zählen in diesem Bereich vor allem die Gleichstellung von Zivildienern mit Präsenzdienern und die Verkürzung der Dienstdauer auf sechs Monate. Ebenfalls fehlen konkrete Vorschläge zur Novellierung des Bundes-Jugendvertretungsgesetzes und –Jugendförderungsgesetzes.

Fazit

Eine endgültige Analyse könne man zwar ohnehin erst nach Ende der ersten Legislaturperiode machen, dennoch will Fellerer jetzt schon die Aufmerksamkeit der Politik: "Wir werden die Analyse des Regierungsprogramms allerdings noch heute den verantwortlichen Regierungsmitgliedern zusenden und wir erwarten uns, dass wir von der Regierung ernst genommen werden." Nach Auskunft von Bundessprecher werden die Reaktionen der PolitikerInnen nächste Woche erwartet, spätestens bei den Diskussionsgesprächen mit den neuen MinisterInnen will man die neue Regierung damit direkt konfrontieren. (APA/lis)