Straßburg - Kritik an der scharfen Schelte an der EU-Kommission durch Bundeskanzler Alfred Gusenbauer im Streit um die Uni-Zugangsregelung hat die SPÖ-Delegationsleiterin im Europaparlament, Karin Scheele, geübt. Schelle warnte am Dienstag vor Journalisten in Straßburg davor, die Kommission für "alles Übel" verantwortlich zu machen. In Hinblick auf die von Gusenbauer kritisierte "Einmischung" der EU-Behörde beim Uni-Zugang betonte sie: "So einfach kann man es sich nicht machen, zu sagen, die sollen die Finger von der Sache lassen."

Lösung über Kommission

Scheele kritisierte ebenso wie ihr Delegationskollege Harald Ettl Versäumnisse der früheren ÖVP-FPÖ-Bundesregierung bei der Suche nach einer EU-konformen Lösung beim Uni-Zugang. Es müsse aber Gespräche mit der EU-Kommission geben, und eine Lösung werde nur über die Kommission führen, sagte die SPÖ-Delegationsleiterin.

Ettl betonte, auch der EU-Kommission fehle ein umfassender Ansatz. Wenn die EU-Kommission den Markt für Gesundheitsdienste öffnen wolle, müsse sie auch zeigen, welche Ausbildungsressourcen in der Medizin zur Verfügung stünden. Die Kritik Gusenbauers an der Kommission sei "an sich nicht unberechtigt". Österreich sei bei der Suche nach einer Lösung aber jahrelang säumig gewesen.

Populismus oder mangelnde Kenntnis

Als "Populismus" oder "mangelnde Kenntnis" hat Alt-Vizekanzler Erhard Busek die Kritik des Bundeskanzlers qualifiziert. Dass Gusenbauer der EU-Kommission Einmischung in Dinge vorgeworfen hat, die die Kommission nichts angehe, kritisierte Busek scharf.

"Das ist blanker Populismus, was der Gusenbauer hier betreibt", sagte Busek am Dienstag gegenüber der APA in Brüssel. "Die Kommission mischt sich überhaupt nicht ein, sondern der Gerichtshof judiziert geltende Rechtslage." Dies sei Vertragsgegenstand und seit Jahren bekannt. Sollte der Bundeskanzler sich dessen nicht bewusst sein, sei das "mangelnde Kenntnis der Rechtslage". "Es gibt zwei Möglichkeiten, entweder er (Gusenbauer, Anm.) weiß es besser, dann ist es schlimm. Oder er weiß es nicht, dann ist es auch schlimm."

Gusenbauer hatte die Kommission beschuldigt, dass sie neue Probleme schaffe, da sich Österreich und Deutschland mit den Quoten an heimischen Medizin-Universitäten schon auf eine "vernünftige Lösung geeinigt" hätten. "Ich glaube, es wird in Zukunft eine der Aufgaben der Regierungen sein, der EU-Kommission zu zeigen, wo ihre Grenze ist und hier eine forcierte Auseinandersetzung zu führen", hatte Gusenbauer in einem Interview mit der Tageszeitung "Österreich" vom Montag gesagt. Nach Ansicht der Kommission stellt die österreichische Quotenregelung eine Diskriminierung von Bürgern aus dem EU-Ausland dar. (APA)