Unterschiedlichst sind die Probleme bei den Anmeldesystemen. Allen gemeinsam ist dabei ein Kernproblem: der Mangel an Lehrkapazität.

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Wien/Salzburg/Klagenfurt - Was früher durch nächtelanges Campen vor dem Anmeldeschalter entschieden wurde, passiert heute in zwei Sekunden per Mausklick.

Fast alle Institute haben mittlerweile auf Online-Anmeldung umgestellt. Die Wurzel des Problems - das mangelnde Lehrangebot - zusammen mit benutzerfeindlichen Anmeldesystemen führt zu Stress und Frustration.

Die Kunstgeschichte in Wien beheimatet laut ÖH das Problemkind unter den Anmeldesystemen: "Einen Tag lang werfen die Studierenden in eine unbewachte Papierbox Zettel mit Prioritäten", bemängelt Yussi Pick von der ÖH. Der Lehrende wählt nach Motivationsschreiben oder Präferenzangabe. "Die Auswahlkriterien sind nicht transparent", kritisiert Anke Wiedmann, die seit sieben Semestern Kunstgeschichte in Wien studiert. "Wenn man im Nachhinein bei den Professoren bettelt, geht es meistens irgendwie", weiß sie aus Erfahrung.

"Ich habe in den letzten zwei Wochen 400 E-Mails bezüglich Lehrveranstaltungen bekommen", berichtet Rainer Maria Köppl, Professor für Theaterwissenschaften in Wien. Wenn die Anmeldung schief geht, wenden sich die Studenten mit Bittgesuchen direkt an ihn.

Ratlos am Wartegleis

Mit Intransparenz bei der Platzvergabe fühlt sich die Wiener Soziologiestudentin Cornelia Prochaska (25) konfrontiert: "Auf mich wirkt das wie ein Losverfahren." Seit diesem Semester hat die Soziologie gemeinsam mit der Pflegewissenschaft auf ein Präferenzsystem umgesattelt: Eine Woche lang können drei Prioritäten gesetzt werden. Ob man den Platz ergattern konnte, wird per E-Mail mitgeteilt. "Früher wusste ich wenigstens: Ich oder mein Computer waren zu langsam, aber jetzt habe ich keine Ahnung, warum ich nur auf der Warteliste stehe", ist Prochaska ratlos.

Computer-Zufalls-Entscheidungen lassen auch Robert Chudyk (30) von der Studienrichtungsvertretung Publizistik Salzburg verzweifeln. "So kommt es immer wieder vor, dass Studenten ein bis zwei Semester verlieren."

"Wenn es nach mir ginge, wäre ich mit dem Studium bereits fertig, aber das Anmeldesystem erschwert rasches Studieren", bedauert Pädagogik-Studentin Petra (26) aus Wien. Sie kann mit 100 Punkten ihre Kurse "kaufen". Wichtige Seminare "kosten" 60 Punkte - so sei Studieren nach Interesse nur mit Zeitverlust möglich.

"Es gibt kein fixes Aufnahmeschema", fühlt sich Verena Tischler (21), Publizistikstudentin in Klagenfurt, der Willkür der Dozenten ausgeliefert.

"Die Anmeldungen sind gestaffelt, dauern aber so lange, dass sich vieles überschneidet", weiß Stefanie Mair (20) aus Erfahrung. Die Wiener Romanistikstudentin saß für zwei Sprachkurse wegen Serverüberlastung viereinhalb Stunden vor dem PC. "Heuer war es so arg wie noch nie", meint sie. Die Zuständige für die Anmeldungen, Anke Gladischefski, meint: "Hauptproblem ist der Kapazitätenmangel im technischen Bereich."

Langfristig sollen alle Studien der Uni Wien auf das zentrale Anmeldesystem "Univis" umstellen. Heuer werden neben Politikwissenschaften, das schon drei Semester im Pilotbetrieb läuft, Philosophie, Wirtschafts- und Erziehungswissenschaften eingegliedert.

An der WU wird zentral über "Lpis" angemeldet. Durch technische Verfeinerungen gebe es kaum mehr Serverzusammenbrüche, weiß der Leiter des Informatikdienstes Georg Miksch. "Probleme gab es, weil Studenten ein Programm schrieben, das 500-mal pro Sekunde auf 'Anmelden' klickte." Inzwischen kann auch das vom System erkannt und entfernt werden. Zu Spitzenzeiten würden an der WU 4000 Studierende zeitgleich versuchen, sich anzumelden. (Julia Grillmayr, Conny Sattler, Tanja Traxler/DER STANDARD Printausgabe, 6. März 2007)