Koch-Session mit Jakob (13)

Foto: Der Standard/Michael Hausenblas

Gut kochen kann, wer nicht wegen jeder Prise irgendwas in einem Kochbuch nachblättern muss

Foto: Der Standard/Michael Hausenblas

Sam Stern: Licence to cook. Coole Rezepte für jeden Tag; circa 120 Rezepte von der Eierspeis bis zum opulenten Familienessen, 160 Seiten, Verlag Friedrich Oetinger, Euro 13,90

Foto: Der Standard/Michael Hausenblas
Jakob weint. Schuld ist die Schalotte. "Das ist jetzt aber eh nicht auf dem Foto", meint er, während er die Tränen ins Geschirrtuch wischt. Dabei lief davor alles ganz glatt. Schnipp, schnipp wurden Kartoffeln in Schnitze gefeitelt, Olivenöl locker aus dem Handgelenk dosiert und das Ganze dann mittels Schüttelpartie in einem Gefrierbeutel geölt, gesalzen und gepfeffert, ehe die Erdäpfel im bereits brummenden Backrohr verschwanden. So die Anleitung für die Beilage zum Rezept "Lachs im Glitzerkleid" aus Sam Sterns Kochbuch "Licence to cook", jene Mahlzeit, die der 13-jährige Jakob zum Nachkochen auserkor.

Davor schwankte man. Erst war da der Gusto auf die chinesische Hühnersuppe, dann tendierte man zu Carbonara, die Nudeln schienen dann aber doch zu wenig publikationswürdig. Also "Lachs im Glitzerkleid" aus dem Kapitel "Das mögen Mädchen gern...", das der britische new-kid-on-the-kitchen-block Stern zwischen die Abschnitte "Die Kumpel kommen" und "Chill-out am Abend" packte.

Doch zurück an den heimischen Herd. Vor der tränenreichen Geschichte mit der Schalotte wurde staccato Koriander gezupft, Knofel geschnipselt, ebenso Zitronen, "aber nicht so dünn, wie der Stern schreibt", so Jakob, denn "Jamie Oliver meinte, man könne sie ruhig dicker lassen, dann geben sie mehr Saft - ohne Schmäh", wie Jakob etwaige G'schaftelhubereien seitens der Erwachsenenwelt im Vorfeld abschmettert.

Musik die fetzt

Apropos G'schaftelhuber, was heißt das überhaupt, "kochen können"? "Gut kochen kann, wer nicht wegen jeder Prise irgendwas in einem Kochbuch nachblättern muss, wer am Herd mehrere Dinge gleichzeitig bewältigt ohne rumzustressen", so Jakobs Ausführungen, während im Hintergrund die Red Hot Chili Peppers den Takt angeben, denn "Musik ist wichtig beim Kochen, aber etwas, das fetzt, das G'wand sollte auch gemütlich sein", so Jakob.

Allmählich drückt das Hüngerlein. Konzentriert aber mit Schwung werden die Lachsfilets mit Zitronen, der gemeinen Schalotte und Knoblauch (halt englisch) garniert und in ihren glitzernden Bettchen aus Alufolie zurechtgerückt. Kommentiert wird dieser Schritt mit, "Hey, fühlt sich cool an, die Fischhaut".

Und, kann Jakob nun kochen? Und wenn, was und wie oft? "Nun, einen Schinken-Käse-Toast sollte man in meinem Alter vielleicht schon drauf haben, Eierspeis sowieso, einen Pizzateig anständig belegen auch und vielleicht noch ein, zwei einfache Pastageschichten. So zwei Mal in der Woche mach ich mir selber was, vielleicht vier Mal, wenn man das Frühstück mitzählt. Eine Mahlzeit ist wirklich gut, wenn alles zusammenpasst, die Portion satt macht und keine Erbsen dabei sind", erklärt er weiter und sucht die Butter im Kühlschrank. Dass das, was dann auf dem Fisch landet, Margarine heißt, ist ihm "egal. Ist eh fast das Gleiche", so der Jüngling.

Es folgen ein paar minutiöse Rechenübungen, damit der Fisch auch zur rechten Zeit, also mit den Bramburi fertig ist, und ab geht's mit den silbrigen Päckchen ins Rohr, nachdem man auch noch die ordentlich schwitzende Kartoffelschar aufmischte und schließlich mit zufriedenem Gesichtsausdruck die Ofentür zuklappt.

Während sich der adulte Koch in einem solchen Moment vielleicht genüsslich ein Achterl Morillon einverleibt, schluckt Jakob ein Viertel Himbeersaft, ex. So bleibt in den fünfzehn Minuten bis zum Tischlein-deck-dich noch Zeit, etwas im Internet zu checken.

Fisch mit Ketchup

Schließlich ist der kleine, große Moment da, das Backrohr wird abgedreht und vorsichtig an der heißen Alufolie gezupft. "Wow", beurteilt Jakob den zartrosa Fisch und fieselt das Ketchup aus einer überfüllten Kühlschranklade. "Man soll Ketchup dazu essen. Das steht im Buch, ehrlich. Sonst schmeckt's fad", so Jakob, der sich schnurstracks über das auf den ersten Blick äußerst gelungene Mal hermacht.

Beim Essen wird dann die Frage nach der Bedeutung von Kochbüchern und Kochsendungen aufgeworfen: "Kochbücher sind schon wichtig, man kann daraus eine Menge lernen, aber ich hab Respekt vor Leuten, die eigene Ideen haben. Kochsendungen? Nun, dieses 'Schmeckt nicht, gibt's nicht' nervt ein bisschen. Da werkeln manchmal gleich vier Leute ewig an einem Hühnchen herum, der Jamie Oliver kommt da schon besser, bei dem geht die Post ab, und der hat oft gute Leute dabei", so Jakob, während zum Ketchup-Häufchen noch ein zweites kommt.

Und was hält er nun vom vorliegenden Buch von Sam Stern, das Jamie Oliver, übrigens ein Freund der Familie Stern mit den Worten, "Ein geniales Buch von einem tollen jungen Kerl..." über den Klee und somit wohl auch über die Ladenbudel lobt? "Ich finde, der hat Recht", so Jakob. Und wieso? "Weil's für Jugendliche gemacht ist und gute Tipps drin stehen. Außerdem ist es verständlich geschrieben, ohne viel Herumgeschwafel und Firlefanz. Und der Typ ist auch cool". Und das Essen? "Sehr gut - obwohl - eine Prise Salz fehlt. Und das mit den Tränen, das kommt doch bestimmt nicht aufs Foto, oder?" (Michael Hausenblas/Der Standard/Rondo/23/03/2007)