Daniela Koll studierte "Internationale Wirtschaft" und lernte so die Welt kennen.

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Weltenbürger fühlen sich überall zu Hause. Sie pendeln von Land zu Land, arbeiten hier und dort und haben Freunde und Kollegen über den ganzen Globus verstreut. Dieser Definition entspricht auch Daniela Koll.

Die Linzerin begann nach der Matura in Mailand Englisch und Spanisch mit Schwerpunkt auf Tourismusmanagement zu studieren; in der Erwartung, sich eine gute Kombination aus Sprachen und Wirtschaft anzueignen.

Als ihr der Wirtschaftsbezug zu gering ausfiel, kehrte sie nach Österreich zurück und entschloss sich, an der Fachhochschule Kufstein "Internationale Wirtschaft und Management" zu belegen.

Heute arbeitet die 28-Jährige als Handelsdelegierte in Chicago.

"Ausschlaggebend für mich war die Kombination aus Theorie und Praxis mit den zwei vorgesehenen Berufspraktika", erklärt Koll ihre Entscheidung für den FH-Ausbildungscharakter. "Ich habe Mailand gegen Kufstein getauscht, und es war toll", sagt Koll im Bezug auf den Stadtwechsel. Freundschaften ließen sich leicht schließen, da kaum ein Student seinen Freundeskreis mit an die FH bringe und es so vorab keine geschlossenen Gruppen gebe.

Nach einem halben Jahr Praktikum in Deutschland und einem Jahr FH-Auslandsstudium in Spanien machte sie ihr zweites Berufspraktikum bei der deutsch-mexikanischen Industrie- und Handelskammer in Mexiko-City, das sie in Richtung ihres heutigen Berufsfeldes geführt hat. Dort schrieb sie anschließend ihre Diplomarbeit, in der sie mexikanische Bundesstaaten auf ihr Potenzial für europäische Ansiedelungen verglich. Auf diesem Weg kam sie in Kontakt mit den Bundesstaatenregierungen und zu einem Jobangebot.

Die folgenden eineinhalb Jahre arbeitet Koll bei der Provinzregierung in Pachuca im Bundesstaat Hidalgo in der Abteilung für Industrial Promotion. "Ich habe viel aus meiner Diplomarbeit anwenden können, aber vor allem die Soft Skills aus dem FH-Studium waren extrem wichtig", sagt sie rückblickend. Was Vortragen und Präsentieren, aber auch die Leitung von Konferenzen betraf, fühlte sich Koll "von der FH hundertprozentig vorbereitet".

Während der Arbeit in Mexiko stößt sie auf den einjährigen Kadettenlehrgang zum Handelsdelegierten der Wirtschaftskammer Österreich und bewirbt sich. "In Mexiko waren wir von einem Regierungsschema abhängig, und nach Neuwahlen ändert sich schon mal die ganze Chefebene", begründet sie ihren Jobwechsel.

Die Aufnahmsprüfung bestanden, lernt sie vor allem den außenwirtschaftlichen Bereich der WKÖ kennen. Gleich am Tag ihres Abschlusses erfährt sie, dass sie in Chicago gebraucht wird. "Nach zwei Jahren Mexiko habe ich mich gefreut, die USA kennenzulernen, die andere Seite der Grenze", sagt die FH-Absolventin.

In ihrer Tätigkeit bei der Handelsdelegation vertritt sie die Anliegen österreichischer Unternehmen im Ausland. Alle drei Jahre wird sie in eine neue Stadt entsandt, die sie nicht selbst wählen kann.

Koll sieht die vielen Ortswechsel aber positiv: "Einfach ist es nie, aber es ist toll, wenn man merkt, dass es einem in jeder Stadt gut gehen kann." Die Erwartungen, die man von anderen Ländern habe, würden selten die Wirklichkeit widerspiegeln. Durch die Auslandsaufenthalte habe sie weniger Vorurteile, denn man lerne, sich in verschiedene Kulturen einzufinden. Aber man beschäftige sich auch mehr mit sich selbst, als wenn man in der vertrauten Umgebung ist.

Dass ihr Beruf mit einem Familienleben nicht leicht vereinbar ist, ist Koll bewusst. "Ich denke, speziell für eine Frau ist es schwieriger, einen Mann zu finden, der mit einem mitgeht, als umgekehrt."

Derzeit führt sie eine Fernbeziehung, ist aber zuversichtlich, dass sich das in nächster Zukunft ändert. Längerfristig möchte sie eine Familie und ihren Beruf unter einen Hut bringen. Die Ortswechsel seien eine Lebensentscheidung, die sich nun in ihrer Berufslaufbahn fortsetze. Was in fünf Jahren ist oder wo sie sein wird, wisse sie nicht. (Julia Grillmayr/DER STANDARD Printausgabe, 28./29. April 2007)