Grafik: Der Standard
Wien - Gymnasiasten den Subjonctif beizubringen, im Ristorante sein Abendessen zu bestellen oder endlich zu wissen, was eine Paella ist - das ist nicht genug für Romanistikstudenten. Denn in der Wissenschaft von den romanischen Sprachen wird neben dem Spracherwerb das Kennenlernen der jeweiligen Kultur des Landes groß geschrieben.

Das Studium der Romanistik gibt es in Innsbruck, Graz, Klagenfurt, Salzburg und Wien - jedoch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Der Fokus liegt auf einer Sprache und ihrem geografischen, kulturellen Umfeld, der Literatur, Sprachwissenschaft und Landeskunde. Einige Studienpläne schreiben im zweiten Abschnitt eine zusätzliche romanische Sprache vor. Romanistik ist ein frauendominiertes Fach: Mehr als dreimal so viele Frauen wie Männer besuchen die Kurse.

"Ich bin sprachbegeistert, seit ich in der französischsprachigen Schweiz ein Praktikum gemacht habe", erklärt die Innsbruckerin Natalie Jäger ihre Motivation zum Romanistikstudium. "Der Schwerpunkt hier liegt auf der literarischen Übersetzung." Besonderheit in Innsbruck: die Abteilungen "Rätoromanistik" und "Textmusik der Romania", eine Plattensammlung an vertonten literarischen Texten. Auch Kurse über die Sprache Friaulisch werden abgehalten.

Das Lehrangebot der Unis variiert: Französisch, Italienisch und Spanisch wird überall angeboten und kann (außer in Klagenfurt) auch als Lehramt studiert werden. Portugiesisch gibt es als autonomes Studium nur in Wien und Salzburg und als zweite romanische Sprache in Graz. Rumänisch kann nur in Wien studiert und in Graz als freies Wahlfach belegt werden.

Spanisch ist im Wintersemester 2006 mit 1027 Lehramts- und 3253 Diplom- oder Bakk-Studenten die meiststudierte romanische Sprache in Österreich. Gefolgt von Französisch (294 und 1975) und Italienisch (879 und 1571). Rumänisch studierten insgesamt 88, Portugiesisch 223 Personen. Das größte Romanistikinstitut ist Wien, mit insgesamt 5888 Studenten im vergangenen Wintersemester. Hier werden neben Literatur- und Sprachwissenschaft auch die Bereiche Landes- und Medienkunde gelehrt. "57 Prozent des Studienplans ist Spracherwerb", sagt die stellvertretende Studienprogrammleiterin Anke Gladischefski. Man achte aber auf eine gute Aufteilung zwischen den genannten "fünf Säulen".

Alexandra Ritt, Spanisch-Lehramtsstudentin in Wien, hat das Gefühl, dass die Sprachkenntnis noch zu wenig forciert wird. Sie habe es leichter als viele andere, da sie ein Jahr in Spanien verbracht hat: "Mich hat die Sprache fasziniert, aber auch der Lebensstil der Leute", erzählt sie. "Es ist ein tolles Gefühl, fließend mit Native-Speakern sprechen zu können."

"Jedes Jahr haben wir ein Semester lang einen Schwerpunkt zu einem bestimmten Land, meist außerhalb Europa", erzählt Julia Kapl, Studentenvertreterin und Romanistikstudentin in Graz. "Geplant ist ein Magister für Latin-America Studies." Mit 2000 Studierenden sei die Romanistik die größte Geisteswissenschaft.

Die Romanistik in Graz und Klagenfurt läuft bereits als Bakk-Studium. Im Wintersemester 2008/09 stellt Innsbruck und Wien um, Salzburg schon kommendes Semester.

Unterschiede zwischen den Instituten sind auch die vorausgesetzten Sprachkenntnisse bei Studienantritt. Es gibt die Möglichkeit, Grundkurse auf Anfängerniveau zu besuchen, an manchen Unis ist dies aber kostenpflichtig.

Eine weitere Voraussetzung ist Latein. Falls nicht in der Schule belegt, muss es im Rahmen einer Ergänzungsprüfung nachgelernt werden.

Gute Studienorganisation

Für das CHE-Hochschulranking konnten allein Studentenangaben der Universität Salzburg ausgewertet werden. Sehr gut schneidet die Studienorganisation ab, Schlussgruppe bilden Lehrangebot und Seminarräume. "Wir sind in den schlechtesten Räumen der Uni untergebracht", gibt sich Institutsvorstand Peter Kuon wenig überrascht. Im Herbst sei aber der Spatenstich zu einem neuen Gebäude geplant.

Zum Lehrangebot meint Kuon: "Als kleine Uni haben wir wenig Möglichkeit, Seminare mit verschiedenen Titeln anzubieten." Konzept des Instituts sei, das boomende Spanisch seiner Bedeutung nach zu behandeln und gleichzeitig das "kleine" Portugiesisch zu pushen.

"Das Romanistikstudium in Klagenfurt ist ein Kulturstudium, man wird weder als Dolmetscher noch als Übersetzer ausgebildet", sagt Studierendenvertreterin Eva Wobik. Es gebe zu wenig Studierende, das habe aber seine Vorteile: "Wenn nur fünf Leute im Kurs sitzen, lernt man gerade bei Sprachen viel mehr."

Eine Sprache zu studieren besteht also nicht nur aus Syntax und Grammatik. Essenz ist auch die Kultur, Politik und Geschichte des Landes. (Julia Grillmayr/DER STANDARD Printausgabe, 9. Mai 2007)