Gegenschlag von ORF.at auf die ÖVP-Angriffe nach der SPÖ-Intervention: Wien habe einen "falschen" Artikel aus St. Pölten korrigiert. Das Landesstudio lasse Sorgfalt vermissen. Protest komme von einem, der selbst intervenierte.

Wien – Die Affäre um eine Intervention aus dem Kanzleramt bei ORF.at nimmt die nächste Eskalationsstufe: Die Redaktionsführung von ORF.at will die Vorwürfe aus dem Landesstudio Niederösterreich und der ÖVP nicht auf sich sitzen lassen.

Die Vorgeschichte: Vorige Woche verwies ein Mitarbeiter von Kanzlerpressesprecher Stefan Pöttler den Spätredakteur von ORF.at auf eine Diskrepanz hin. Berichte der APA und von ORF Niederösterreich in ORF.at unterschieden sich inhaltlich. Der Abendredakteur änderte den Beitrag auf die APA-Linie – wogegen anderntags ÖVP-Landesgeschäftsführer Gerhard Karner und kurz darauf die Redakteuren des Landesstudios per Aussendung protestierten.

"Permanente Pressionen auf die Redaktion"

"Eben jenem Karner, der in seiner Funktion als Pressesprecher von Innenminister Ernst Strasser selbst permanente Pressionen auf die Redaktion von ORF.at ausgeübt hat", schreibt nun die Redaktionsführung von ORF.at in einer internen Stellungnahme, die dem STANDARD vorliegt.

Tenor: Der Abendredakteur habe "unter Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflicht richtig entschieden und einen nachweisbar falschen Artikel korrigiert". Die Redaktion im Landesstudio Niederösterreich habe er "nachvollziehbar rechtzeitig informiert", heißt es weiter in der Stellungnahme. NÖ-Chefredakteur Richard Grasl und die Chefin seiner Internetredaktion hätten "nicht einmal das Mindestmaß an Kollegialität und journalistischer Sorgfalt eingehalten": Die Onlinechefin habe Grasl die E-Mail aus Wien "unmittelbar weitergeleitet", nicht aber bei ORF.at nachgefragt.

Vom Landesstudio direkt an die ÖVP NÖ

"Ganz offensichtlich wurde dann die Information vom Landesstudio direkt an die ÖVP Niederösterreich weitergegeben", schreibt die ORF.at-Redaktion. Das hat NÖ-Landesdirektor Norbert Gollinger wie berichtet zurückgewiesen.

ORF.at wirft Grasl und den Redakteurssprechern weiter vor, sie hätten nicht das Gespräch mit den zuständigen Stellen bei ORF.at gesucht. Grasl habe vielmehr den Abendredakteur am nächsten Vormittag per E-Mail angegriffen. In einer Kopie seien diese "Bloßstellungen" des Mitarbeiters an Landesdirektor Gollinger und Mitglieder der Onlinedirektion ergangen. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 23.5.2007)