Der aktuelle Schnitzler am Linzer Landestheater ist weder tragisch noch komisch und vom Wienerischen sehr weit entfernt. Der halb aristokratisch näselnde Leidenston muss schon lange nicht mehr sein, aber für eine wirklich unter die Haut gehende Vivisektion männlicher Allmachtspraktiken und weiblicher Vollversklavung am Beginn der Moderne fehlt der Inszenierung die Balance der Mittel. Die Überdosierung von Exaltiertheit, Hysterie und tierhafter gegenseitiger Belauerung ermüdet einen sehr schnell. Da sind einzelne beachtliche Darstellerleistungen wie die von Stefan Matousch in der Rolle des rücksichtslosen Schmerztesters und Frauenzerreißers Friedrich kein wirksames Gegenmittel.
Kerkhof schwebt so etwas wie eine Anatomiestunde über menschliche Zumutungen in einer Art Operationssaal vor, von dessen Rand aus alle Figuren die Einzelduelle verfolgen.
Ein interessanter, aber zu inkonsequent verlaufender Ansatz. Der Einfall mit der verzweifelt geklimperten Mahler-Musik ist auch nicht gerade hilfreich bei der Sezierung der puren Gier und der eiskalten Verachtung des so genannten Menschlichen.