Max Stiegl kocht in seinem "Gut Purbach" am Neusiedler See mit Fantasie, aber ohne Schnörkel. Fotos: G. Wasserbauer

Foto: Wasserbauer
Bis vor drei Jahren befand sich dort, wo seit vergangener Woche "Gut Purbach" geöffnet hält, das Gemeindegasthaus. Das war für sein vorzügliches Gulyas bekannt und dem Vernehmen nach das älteste Wirtshaus im Ort, was mittels Panoramafenster, Plastikboden und Rustikalambiente aber perfekt kaschiert wurde. Dann erwarb ein Anwalt den zerlepperten Hof, ließ die Sünden rückbauen und renovierte von Grund auf. Nicht etwa als privates Refugium, sondern aus Spaß an der Freude.

Jetzt hat er den Hof inklusive vier geschmackvoller, von jungen Künstlern gestalteter Apartements an einen jungen Koch verpachtet, bei dem es ihm stets besonders schmeckte: Max Stiegl, der zuletzt im Wiener Restaurant "Mezzo" mit fantastischen Innereien-Kreationen und fantasievoller, leichter Kräuterküche für Furore sorgte. Diese kontrastreiche, klar konturierte Linie setzt Stiegl hier fort, auf Meeresfische aber wird zugunsten von Fisch aus dem See verzichtet - wobei Stiegl einer der wenigen in der Region sein dürfte, bei denen Zander, Hecht und Co auch tatsächlich von der Hand voll Berufsfischer stammen, die noch am Neusiedler See unterwegs sind.

Weine aus der Region

Dazu gibt es, no na, feine Weine aus der Region, Stiegl kann aber auch auf seine interessante Sammlung gereifter Pinot Noirs aus verschiedenen Anbaugebieten zurückgreifen und über den ziemlich sensationellen Bordeaux-Keller des Hausherren verfügen, in dem Grand Crus bis 1942 zurück lagern.

Max Stiegl nennt sein Restaurant mit schelmischem Understatement "Gasthaus". Was auf den Tisch kommt, hat freilich locker das Zeug, mit den Weinen mitzuhalten. Es kommt nur ohne gestelztes Speisekartendeutsch, allzu weit gereiste Zutaten oder gelierte Gags aus dem Chemie-Baukasten aus.

Stiegl rollt lieber Grammelknödel, die freilich nur den Namen mit deftiger Hausmannskost gemein haben: So hauchzart, wie die Erdäpfel-Hülle sich um die unendlich aromatische Fülle schmiegt, erinnern Stiegls Knödel mehr an Dim Sum aus dem Dämpfer eines Londoner Edel-Chinesen - großartig! Gesurtes Lammzüngerl mit Sellerie-Kernölpüree und Keniabohnen ist ein Erlebnis, zart und saftig und sensibel kombiniert - so wird die Zunge zum feinsten Stück vom Lamm. Seefisch behandelt Stiegl so puristisch, wie es den edlen Tieren geziemt: braten, dämpfen, danke. Oder kurz marinieren und dünn aufschneiden. So soll es sein. (Severin Corti/Der Standard/rondo/1/6/200/)