Pflege

In der Pflegedebatte treffen problemorientierte, budgetäre und ideologische Gegensätze gleichzeitig aufeinander und es ist nicht immer leicht auszumachen, aus welchem Beweggrund die eine oder andere Partei gerade die eine oder andere Position vertritt.

Das hängt auch mit den zersplitterten Zuständigkeiten zusammen: Für den gesamten arbeitsrechtlichen Bereich ist Martin Bartenstein verantwortlich – er muss die Rahmenbedingungen für Pflegekräfte schaffen. Zahlen muss ein anderer: Sozialminister Erwin Buchinger, der aber dafür das Budget nicht hat, zudem die Länder und die Gemeinden, die für die Sozialhilfe zuständig sind. Die ÖVP wünscht sich, dass es eine wesentlich umfangreichere Förderung von Betreuungsleistungen – und zwar auch für leichtere Fälle sowie Demenzkranke – gibt, das Geld dafür müsse aber der Sozialminister zusammenkratzen. Strittig ist auch, welche Rechtsformen gefördert werden: Betreuung und Pflege passieren teilweise in Heimen und durch mobile soziale Dienste, wo die Beschäftigten Angestellte sind.

Die ÖVP will aber auch selbstständige Pflege- und Betreuungskräfte fördern, die SPÖ sieht darin eine Ausweitung von "Scheinselbstständigkeit". Bewegung kommt derzeit in die Diskussion rund um die Verlängerung der Pflegeamnestie. (cs)

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Gesundheitspolitik

Schulpolitik

Eines kann man der ÖVP nicht vorwerfen – dass sie von ihrer Linie auch nur einen Millimeter abweichen würde: null Bewegung in der Schulpolitik. Oder: Elisabeth Gehrers Erbe wird weiter gut verwaltet. Die mehr als ein Jahrzehnt währende Verteidigung des "gegliederten Systems" durch die schwarze Langzeitministerin wird von ihrer Partei nun in der großen Koalition nahtlos fortgesetzt.

Jüngste politische "Maßnahme" der ÖVP: Der Beschluss im Vorstand, eine Gesamtschule auf alle schwarze Ewigkeiten nach Kräften zu verhindern. Das von Gehrer aus dem lukullischen in den schulischen Bereich transformierte Wort vom "Eintopf" als Synonym für die verhasste gemeinsame Schule bis 14 feiert fröhliche Urständ' in den Wortspenden aus der Volkspartei. Beliebtes ideologisches Kampf-Vokabular der ÖVP ist auch "keine Zwangsverpflichtung" und "Wahlfreiheit" als oberstes Credo.

Dazu kommt noch das kategorische Nein zu einem verpflichtenden Vorschuljahr, auf dass sich keine etwaigen Einflugschneisen für schulpolitische Reformen auftun. Das "Gegenangebot" der ÖVP lautet: Das letzte Kindergartenjahr gratis und ein österreichweiter Bildungsplan für Kindergarten. (nim)

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Schule & Politik

Ausländerpolitik

Auch in den Fragen der Asylpolitik sind sich die Koalitionspartner in weiten Bereichen uneinig. Was das Bleiberecht für Asylwerber betrifft, die bereits länger als fünf Jahre in Österreich und voll integriert sind, ist Innenminister Günther Platter (ÖVP) strikt dagegen, Justizministerin Maria Berger (SPÖ) unterstützt dagegen einen dementsprechenden Vorstoß auf EU-Ebene.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina wirft Platter vor, ein „Reserve-Strache“ zu sein, er fordert eine Prüfung von Härtefällen aus humanitärer Sicht, einem automatischen Bleiberecht kann aber auch er nichts abgewinnen.

Ähnlich ist es in der Frage eines Arbeitsrechtes für Asylwerber: Berger ist dafür, Platter dagegen. Berger hatte gefordert, Asylwerbern nach drei oder sechs Monaten legalen Zutritt zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Platter lehnt das ab, der Vorschlag sei nicht durchdacht.

Den von der SPÖ so vehement geforderten Asylgerichtshof wird es jedenfalls nicht geben, stattdessen soll sich in einem neu zu schaffenden Bundesverwaltungsgericht ein eigener Senat mit Asylfragen beschäftigen.

Eine Reform des Fremdenrechts, wie von der SPÖ gefordert, lehnt die ÖVP ebenfalls ab. (völ)

Kindergeld

Sie kommt, die Kindergeld-Flexibilisierung – aber laut bisherigen Plänen in einer „Minimal-Variante“, wie man im Büro von SPÖ-Frauenministerin Doris Bures findet. Noch will das Familienministerium den Gesetzesentwurf von ÖVP-Ministerin Andrea Kdolsky nicht herausrücken. Er enthält aber weit gehend das, worauf man sich im Koalitionspapier geeinigt hat: Statt bisher 36 Monate lang 436 Euro zu beziehen, können Eltern in Zukunft 18 Monate lang 800 Euro ausgezahlt werden.

Eltern, wohlgemerkt. Alleinerzieherinnen können auch in Zukunft „nur“ 30 oder 15 Monate Kindergeld beziehen. Diese Schlechterstellung will Bures in den nächsten Monaten bekämpfen. Kdolsky winkt präventiv ab: Ein verlängerter Bezug für Alleinerzieherinnen wäre problematisch, schließlich sei „die tatsächliche Familiensituation schwer überprüfbar“.

Mit ihrer Forderung nach einer völligen Flexibilisierung des Kindergeld-Bezugs konnte sich Bures bei den Koalitionsverhandlungen nicht durchsetzen. Damals war ihr schwarzes Gegenüber aber noch Maria Rauch-Kallat. Bei Kdolsky hört sich das schon etwas anderes an: Sie könne sich auch mehr als die beiden geplanten Varianten vorstellen, kündigte sie nach ihrem Amtsantritt vage an. (hei/DER STANDARD, Printausgabe, 12.6.2007)

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Kinderbetreuung