Zum "Tag der Kulturen" lud kürzlich das Gymnasium Geringergasse in Simmering. Eine internationale Modenschau, ein Benefizflohmarkt und Tanzvorführungen aus vielen Teilen der Welt standen unter anderem am Programm. Insgesamt 25 Nationen sind am Gymnasium vertreten. Etwa ein Viertel der 900 SchülerInnen hat Deutsch nicht als Muttersprache. derStandard.at sprach mit SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern über die kulturelle Vielfalt an ihrer Schule.

Foto: derStandard.at/burg

Bereits zum dritten Mal beteiligen sich Natalie, Janine und Paula am Benefizflohmarkt. Diesmal wird das Geld an ein Mutter-Kind Heim im elften Bezirk gespendet. Im letzten Jahr habe man 500 Euro eingenommen, erzählen die drei Mädchen stolz. Natalies Familie kommt aus Kärnten, Frankreich und Ägypten. Janines Familie stammt aus dem Burgenland und den Philippinen. Paulas Eltern kommen "nur" aus China, lässt die 13-jährige Schülerin wissen.

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Computerspiele, Bücher und Monstermagazine gibt es am Stand von Roman, Daniel und Dara. "Wir verkaufen Sachen, mit denen wir früher halt gerne gespielt haben für einen guten Zweck. Das macht Spaß", erzählt Daniel. Über ihre Klassengemeinschaft sagen sie: "Es ist egal, woher jemand kommt. Hauptsache er ist nett und man verträgt sich".

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"LehrerInnen sind genauso gefordert, ihre eigenen Standpunkte in Bezug auf Rassismus und Akzeptanzfähigkeit zu hinterfragen", sagt Margareta Divjak-Mirwald. "Wir müssen die Vielfalt nützen", meint sie. Mit einer ersten Klasse hat sie das interkulturelle Klassenbuch "Interface" gestaltet. (derStandard.at berichtete)

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"SchülerInnen mit Migrationshintergrund sind eine Bereicherung", sagt Claudia Valsky, Direktorin der Schule. Sie selbst unterrichtet Deutsch und erzählt aus der Praxis: "Durch die Reflexion der unterschiedlichen Sprachen im Unterricht wird zugleich das Sprachbewusstsein gefördert". Valsky ist überzeugt, dass es den SchülerInnen deshalb leichter fällt, Fremdsprachen zu erlernen. "Interkulturelle Kompetenz bekommt einen immer höheren Stellenwert. Nicht umsonst werden zu diesem Thema teure Seminare für Manager angeboten", meint sie. Natürlich sei die Unterrichtsgestaltung in Klassen, deren SchülerInnen unterschiedliche Muttersprachen erlernt haben, eine Herausforderung. Und so wie außerhalb der Schule, gebe es auch in der Schule rassistisch motivierte Konflikte: "Das muss man thematisieren und bearbeiten", meint die Pädagogin.

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10.00 Uhr. Die internationale Modenschau beginnt. "Kleidung wärmt und schützt uns, aber darüber hinaus hat sie in allen Kulturen Bedeutungen jenseits von Schutz und Bedeckung. Gewollt oder ungewollt erzählt Kleidung über die Trägerin oder den Träger eine Geschichte." Die beiden Moderatorinnen stellen Mode vor, die die SchülerInnen von ihren Verwandten geschenkt bekommen oder geborgt haben. Die Kleider würden die Bindung zu deren gemischtkultureller Herkunft bezeugen.

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Die ersten Kleider stammen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Aus Serbien, nahe der rumänischen Grenze kommt die Mutter von Tamara Gagic (Mitte). Ihre bestickte Tracht hat die Großmutter aus Urovica hergestellt. Tamara spricht serbisch und etwas Vlaschki - das ist eine Mischung aus rumänischer und serbischer Sprache.

Selma Japalak (vorne) zeigt ein bosnisches Folklorekleid. Vor zirka 800 Jahren wurde diese Kleidung im Alltag getragen. Selmas Eltern sind Muslime, sie stammen aus der Nähe von Sarajevo. Selma hatte voriges Jahr nur Einser im Zeugnis. Außerdem spricht sie bosnisch.

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Auch österreichische Trachten wurden präsentiert. Ella Hofreiter trägt ein Dirndl aus Altaussee. Aus Kärnten stammt das Sommerdirndl von Camilla Dressl. Auch eine Lehrerin der Schule wagt sich auf die Bühne. Veronika Gruber präsentiert die Mölltaler Tracht ihrer Mutter. Adonis Houssain - seine Mutter ist Österreicherin, sein Vater Ägypter - zeigt sich im Trachtenhut. In dieser Kleidung fühle er sich "wie ein Österreicher".

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Mansor Leila (links) trägt ein Festtagskleid ihrer aus Algerien stammenden Mutter. Blerte Rugova (rechts) ist Kosovo-Albanerin. Sie zeigt ein Gewand aus Guinea. Blerte ist seit acht Jahren in Österreich.

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Kimberly Scherzer (ganz rechts) trägt eine vietnamesische Tracht. Ihre Mutter kommt aus Vietnam, der Vater aus Afrika, der Stiefvater aus Indonesien. Ihre Großmutter mütterlicherseits war mit einem Österreicher verheiratet. Und die Großmutter väterlicherseits stammt aus der Slowakei.

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Mit Musik aus der Konserve, aber auch mit Lifemusik wurde die Modenschau begleitet. Matthäus Auer, Lehrer für Bildnerische Erziehung, und die SchülerInnen am Bild entlocken ihren Instrumenten asiatische Klänge.

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Showdown: "We are the world, we are the children, We are the ones who make a brighter day, so let's start giving . There's a choice we're making. We're saving our own lives. It's true we'll make a better day just you and me." Die Models auf der Bühne singen die Friedenshymne der 80-er Jahre.

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Von der Modenschau begeistert zeigen sich Hadir (13) und Sanela (15). Hadir haben es die Kleider aus dem asiatischen Raum angetan. Wenn sich Sanela ein Kleidungsstück aus der Show aussuchen könnte, würde sie einen Sari wählen.

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Zu Gast am Tag der Kulturen ist ein ehemaliger Direktor der Schule. "Schwerpunkt meiner Direktion waren Fremdsprachen. Zur Zeit des Eisernen Vorhangs hatten wir sogar einen 'Native Speaker' aus Russland als Lehrer. Das war damals etwas Besonderes", erzählt Paul Grande. Auch seine Nachfolgerin habe die Idee der Unesco-Schule erfolgreich weitergeführt. "Unsere Schule hatte übrigens den ersten Schulsprecher türkischer Herkunft", berichtet Grande.

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Basil, 17, ist in Österreich geboren, seine Eltern stammen aus Indien. In seiner Klasse sind SchülerInnen aus Indien, Serbien, Polen und Österreich. "Wir haben eine tolle Klassengemeinschaft", erzählt er. Nach der Matura möchte Basil Medizin studieren.

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Und hier ist es: Das fertig gestellte interkulturelle Klassenbuch "Interface". Kürzlich präsentierten zwei SchülerInnen das Werk bei einer OSZE-Konferenz zum "Kampf gegen Diskriminierung und zur Förderung von gegenseitigem Respekt und Verständigung" in Bukarest.

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"Es fasziniert mich, wie sie miteinander auskommen und lernen, sich gegenseitig zu respektieren", sagt eine Mutter zu derStandard.at über die Schulkinder. Sie sei selber "Ausländerin" und ist begeistert, wie das Thema "Multikulturalität" in dieser Schule aufgegriffen wird. Als Tochter von Gastarbeitern aus dem ehemaligen Jugoslawien ist sie in Tirol aufgewachsen. "Vor 20 Jahren ist man uns Ausländern offener und freundlicher begegnet", erzählt sie. Fremdenfeindliche Parolen, wie sie etwa zuletzt die FPÖ im Wahlkampf affichiert hatte, würde sie verletzten. Bei ihrem elfjährigen Sohn beobachte sie manchmal eine innere Zerrissenheit. "Er will zu beiden Kulturen gehören", meint sie.

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"Wien war immer eine Mischung der Nationen", sagt Renate Angerer (SPÖ), Bezirksvorsteherin von Simmering, anlässlich ihrer Begrüßungssrede. "Wir distanzieren uns stark von gewissen Aussagen, denen zu Folge manche Menschen in unser Land nicht hineindürfen", so Angerer. Die Politik müsse sich aber auch wehren gegen Menschen, die die Gutmütigkeit ausnutzen.

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Veronika Gruber, Lehrerin am Bundesrealgymnasium, sieht Österreichs "Gutmütigkeit" etwas anders: "Das neue Integrationsgesetz ist eine Schande für Österreich". Die meisten ihrer SchülerInnen hätten noch vor der Gesetzesänderung die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen. Nachdem sie ein Gymnasium besuchen, sieht sie für ihre Schützlinge eine gute Zukunft. "Bei Hauptschülern in Wien und bei Schülern, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht bekommen, sieht das wieder anders aus". (Katrin Burgstaller/derStandard.at 28. Juni 2007)

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