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Erhält am Sonntag den Staatspreis für Europäische Literatur: Jorge Semprún.

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Salzburg – "Von Zeit zu Zeit weiß ich nicht, ob das Leben seit Buchenwald ein Traum ist und nur Buchenwald die Realität ist, oder umgekehrt."

Vor einigen Jahren besuchte der spanische Schriftsteller Jorge Semprún noch einmal Weimar-Buchenwald, wo er 1944 nur knapp dem Tod im KZ entgangen war. Er sei jedoch kein Überlebender, sagte er später, "weil Überleben meint, dass man vom Tod zurückgekommen ist. Aber man ist nicht zurückgekommen. Man ist durch den Tod gekommen."

Von der Gestapo interniert wurde Semprún als kommunistischer Partisan. Während seines Studiums an der Pariser Sorbonne (Literatur, Philosophie) hatte er zum Marxismus gefunden. Geboren wurde er 1923 in Madrid, seine Familie, linksliberal und großbürgerlich, war während des Spanischen Bürgerkriegs nach Frankreich geflohen. Semprúns Bücher, meist auf Französisch verfasst, arbeiten sich am Erlebten ab, an einer reichen Biografie, vom 20. Jahrhundert geschrieben.

Der Autor machte dabei auf beinahe exemplarische Weise mit dem Jahrhundert des Bösen unliebsame Bekanntschaft: als Opfer des Nationalsozialismus, aber auch als vom Kommunismus Enttäuschter. Der Beginn seiner Schriftstellerlaufbahn fällt mit dem Ende des Engagements in der spanischen KP zusammen. 1963 erscheint der erste Roman Die große Reise, der neben Was für ein schöner Sonntag! (1980) und Der Tote mit meinem Namen (2002) bis heute zu seinen meistgelesenen Werken zählt. Auch als Autor blieb er ein politischer Mensch, von 1988 bis 1991 war er als Parteiloser spanischer Kulturminister.

Am Sonntag erhält Semprún in Salzburg den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur 2006. Seine jüngste Buchveröffentlichung trägt den Titel Was es heißt, Europäer zu sein (erschienen 2006 im Murmann Verlag). In dem Essay konstatiert er für die heutige Zeit: "Europas größte Gefahr ist die Müdigkeit." Bei ihm ist davon auch im Alter von 83 Jahren kaum etwas zu verspüren. (fasth/ DER STANDARD, Printausgabe, 28./29.07.2007)