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Man muss sich CD-Firmen als Schiffe vorstellen, die auf hoher, stürmisch gewordener Geschäftssee versuchen, Richtung zu halten.

Viele der einst auch in Salzburg fröhliche PR-Feste feiernden Marktführer sind durch Fusionen "verschlankt" worden oder verschwunden - dennoch leidet der verbliebene, zusammengerückte Rest an Repertoireenge, Downloadkultur und an den Rendite-Fantasien von Aktienkursverantwortlichen, die in London oder New York davon träumen, Klassik in Popverkaufsdimensionen zu pushen, und zwecks "Unternehmenssanierung" sogar Verträge mit Künstlern wie Nikolaus Harnoncourt kündigen.

Kommerzerfolge gelingen bisweilen mit zweifelhaften Crossover-Mitteln. Aber in Salzburg, zu Beginn der Ära Peter Ruzicka, wurde mit dem Durchbruch von Anna Netrebko ein Kommerzmärchen wahr, das musikalische Substanz und stadionkompatible Zugänglichkeit vereinte. Was Wunder, dass Salzburg nun als jener magische Ort gilt, an dem man als Firma nicht nur Neulinge engagieren kann. Vielmehr auch als derjenige Ort, an dem Auftritte von bereits unter Vertrag stehenden, einigermaßen arrivierten Künstlern im Sinne eines neuen Netrebko-Märchens inszeniert werden können.

Die Berlinerin Annette Dasch ist denn auch kein Neuling, sie war schon in Salzburg, singt an fast allen großen Häusern. Die 31-Jährige ist nun allerdings im Besitz eines Vertrages mit SonyBMG, und sie hat - passend zu dieser ersten Salzburger Opernpremiere - eine Armida-CD herausgebracht, die mit der Druck aufbauenden Ankündigung, es handle sich hierbei um eine neue "Anna", versehen wird. Dasch ist dem Druck gewachsen, sie hat als Armida eine impulsive, tadellose Performance hingelegt. Sie ist bereit, über das Singen heraus gestalterisch aufs Ganze zu gehen. Logisch: Sie bewundert Menschen, die "Musik zum Brennen bringen".

Klar ist auch, dass ihre Opernkarriere, wenn der Terminkalender nicht übervoll gerät, länger dauern wird. Weniger klar ist hingegen, in welche Kommerzdimensionen sie vordringen wird müssen. Dasch selbst geißelt Openair-Konzerte, bewundert zwar die bekannte russische Kollegin für deren Fähigkeit, den Rummel auszuhalten.

Für sie aber, meint Dasch, sei das nichts. Nun ja. Es wird interessant sein zu sehen, wie ihr Weg weitergeht. Zu hoffen ist, dass ihre Firma Geduld aufbringt, etwas langfristig aufzubauen, und dass sie Erfolg nicht nach Verkaufsmaßstäben misst, denen Klassik nur ganz selten gerecht werden kann. Allerdings weiß Dasch wohl, dass es auch ein Leben nach dem Hype gibt, ja: geben muss.

Er findet nicht in den Stadien statt. Aber in und von großen Operhäusern der Welt lebt es sich auch gut. (Ljubisa Tosic / DER STANDARD, Printausgabe, 30.07.2007)