Crashtest-Eier: nach der Theorie die Praxis. Teambuilding und euphorisches Lernen an der Kinderuni.

Foto: Standard/Mobilkom Austria
"Was denkt ihr, was Personalmanager in Unternehmen so machen?", lautet die erste Frage von Andreas Siquans vom Personalmanagement der Mobilkom Austria, seit Anbeginn der Kinderuni als Hauptpartner mit von der Partie. Neben Karoline Iber vom Kinderbüro der Universität Wien hielt Siquans die Vorlesung "Wie würdest du ein Unternehmen managen?" mit rund 80 teilnehmenden Kindern. Die reflexartige Antwort aus dem Hörsaal: "Ihr feuert Leute!" Irgendwie gnadenlos.

Auch das komme leider vor, so Siquans, um auf die Zweiteiligkeit des Wortes Personalmanagement zu verweisen. Das Wort "managen" leite sich aus dem Lateinischen "manum agere" ab, an der Hand führen. Der Manager bringe, so schlussfolgern die Kinder, "alles in Ordnung", treffe Entscheidungen, organisiere.

Wo das Management in einer Firma stehe, so die zweite Frage. Langsam werden die Kinder an Organisationsstrukturen herangeführt. Über Beschaffung, Produktion und Vertrieb stehen die Abteilungen Finanzen und Personal, darüber stehe dann das Management und über dem Management der Aufsichtsrat, so die Vortragenden. Es gebe immer einen Chef vom Chef, so Siquans weiter. "Und wer ist der Chef vom Aufsichtsrat?", so eine Frage aus dem Hörsaal. "Bei einer Aktiengesellschaft vielleicht die Aktionäre", kommt prompt eine Antwort aus der zweiten Reihe. Erstaunte Blicke unter den teilnehmenden Erwachsenen.

Schnell zeigt sich das überraschend breite Wissen der Kinder im Alter von rund acht bis zehn Jahren. Nahezu alle kennen die anwesenden Unternehmen - die Kinderuni wie die Mobilkom -, aber auch Unternehmen wie die Asfinag und deren Aufgabengebiete waren geläufig.

Und: Kinder beobachten ihre Eltern. Sie wissen über deren Sorgen, aber auch über die Vorteile, die ein Job mit sich bringen kann, Bescheid - wie etwa das Dienstauto und das Diensthandy. "Cool" sei auch, so ein Schüler, dass sein Vater der Chef sei und sich deshalb immer freinehmen könne. "Uncool" sei, dass die Eltern oft lange arbeiten und erschöpft nach Hause kommen, dass sie auf Abruf für die Firma da sein müssten, dass sie wenig Urlaub, auch Sorgen haben, über falsche Entscheidungen des Tages noch abends nachdenken.

Theorie und Praxis

Wichtig in jeder Unternehmung, so Siquans und Iber, seien die Teams. Wo es denn noch Teams gebe? Im Sport, in der Musik, beim Computerspielen, in TV-Shows, sprudelt es aus Kindermündern. Teams zählen immer mehrere Mitglieder, die ein Ziel verfolgen, ergänzt Siquans. Je mehr Begabungen es gebe, umso besser, ergänzt er. Und: In Teams helfen alle mit.

Nach rund 40 Minuten Theorie werden die Kinder unruhig, beginnen auf den Bänken hin und her zu rutschen, als mit einem Schlag und dem Eintreffen eines "Agenten" der praktische Teil der Vorlesung beginnt. Der Auftrag: die Entschärfung einer Stinkbombe. Die Teilnehmer formen Teams und werden mit Toolkits versorgt. Die Aufgabe: ein rohes Ei so zu "verpacken", dass es einen gut drei Meter hohen Fall heil übersteht.

Aufregung im Hörsaal. Lautstark wird an der Problemlösung gearbeitet - einer klebt, einer schneidet, die anderen geben Verbesserungstipps. Alle Materialien werden in einem, je nach Team unterschiedlichen, "Dämpf-Mechanismus" restlos aufgebraucht. Danach der Härtetest - alle Eier überleben.

Zum Schluss eine Evaluationsrunde. "Als Studenten der Kinderuni", so Iber, "seid ihr unsere Kunden. Es ist uns wichtig zu erfahren, ob ihr mit der Vorlesung zufrieden ward." Unisono und mit 100 Dezibel: "Ja!" So spannend können Vorlesungen sein - so gnadenlos offen und emphatisch ihre Teilnehmer. Daran könnte sich manch Studierender wie Vortragender ruhig eine Scheibe abschneiden. (Heidi Aichinger/DER STANDARD Printausgabe, 28./29. Juli 2007)