Wien - Der Frauenring hat empört über die Urteilsbegründung einer Richterin reagiert, die kürzlich am Arbeits- und Sozialgericht Wien zum Thema Elternteilzeit getroffen wurde.

Der Fall

Eine Arbeitnehmerin, die vor der Karenz für Managementaufgaben zuständig war, hat bei ihrem Arbeitgeber eine Elternteilzeit im Umfang von dreißig Stunden wöchentlich begehrt. Dieser schlug stattdessen eine Arbeitszeit von fünf Stunden wöchentlich mit der Begründung vor, dass der Tätigkeitsbereich der Arbeitnehmerin infolge von Umstrukturierungen nicht mehr zur Verfügung stünde.

Gesetzlich ist vorgesehen, dass im Fall von Nichteinigung der Arbeitgeber mit einem Alternativvorschlag bei Gericht eine Klage einbringen kann. Das Gericht muss über den Vorschlag der Arbeitnehmerin und den Alternativvorschlag des Arbeitgebers entscheiden. Nur wenn die betrieblichen Interessen überwiegen, ist dem Vorschlag des Arbeitgebers gerichtlich zuzustimmen.

Rückschritt in der rechtlichen Gleichstellung

In diesem Fall hat das Gericht entschieden, dass die Interessen der Arbeitnehmerin weniger zählen, berichtet der Frauenring in einer Aussendung und verweist auf die Begründung der zuständigen Richterin: Die meinte, dass die Arbeitnehmerin durch die berufliche Tätigkeit des Mannes und die Inanspruchnahme von Kindergeld samt Nebenbeschäftigung finanziell abgesichert sei.

"Die Entscheidung ist ein Rückschritt in der langjährig erkämpften rechtlichen Gleichstellung von Frauen und Männern", kommentiert der Frauenring. "Sowohl auf EU-Ebene als auch im österreichischen Recht kommt der Chancengleichheit am Arbeitsmarkt eine wichtige Rolle zu. Mit der Entscheidung, die das Erwerbsausmaß der Frau vom Einkommen des Partners ableitet, wird das Recht von Frauen auf eigenständige Einkommenssicherung in Frage gestellt."

Konsequenzen

Frauen, die einen verdienenden Mann hätten, der sie ökonomisch versorgen könnte, würden mit dieser Rechtssprechung das Recht auf individuelle Absicherung durch Erwerbsarbeit abgesprochen, heißt es weiter. Es dürfe nicht passieren, dass durch Entscheidungen zum Arbeitsausmaß bei Elternteilzeit rechtliche Errungenschaften im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- und Familienstand, unterlaufen würden.

Der Frauenring spricht sich konsequent für die Einbeziehung von Gleichstellung und Diskriminierungsverbot in die Interessenabwägung aus, was Ausbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen für RichterInnen nach sich ziehen müsse, heißt es abschließend. (red)