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Wie in alten Zeiten. Eine Runde von Männern unterhält sich über Politik. Schauplatz ist nicht das Kaminzimmer mit Billardtisch. Es werden auch keine dicken Zigarren geraucht wie anno dazumal. Der Männerdebattierklub der modernen Zeit findet vor Massenpublikum statt (ab kommendem Freitag) und hat den klingenden Titel "ORF Sommergespräch".

Tatsache ist: Wenn Österreichs Spitzenkandidaten von den Chefredakteuren der Tageszeitungen interviewt werden, vermittelt das ein völlig verzerrtes Bild des heimischen Journalismus. Laut einer Studie des "Medienhaus Wien", die im März dieses Jahres präsentiert wurde, sind rund 42 Prozent der österreichischen JournalistInnen Frauen. Damit liegt der Frauenanteil höher als in der Schweiz mit 32 Prozent, den USA mit 33 Prozent und Deutschland mit 37 Prozent. Den höchsten Frauenanteil haben die TV-Stationen mit 46,5 Prozent.

Ignorante Haltung

Wie auch in anderen Sparten sehen die Relationen auf der Führungsebene allerdings ganz anders aus: Während neun Prozent der Journalistinnen in leitender Funktion tätig sind, beträgt der Anteil bei den männlichen Branchen-Kollegen 18 Prozent. Aber es gibt sie: Chefredakteurinnen, Innenressortleiterinnen und Journalistinnen leisten hervorragende Arbeit und spielen in den österreichischen Medien eine immer dominantere Rolle. Umso unverständlicher ist es, dass bei den diesjährigen Sommergesprächen keine einzige Frau berücksichtigt wurde und sich der ORF darauf versteift, reine Herrenabende zu inszenieren. Jedenfalls entspricht diese Ignoranz nicht dem Bild einer modernen Sendeanstalt.

Die Kaminzimmer der Austro-Monarchie sind zum Glück Vergangenheit. Die Männerdebattierklubs der Neuzeit leider noch nicht. (Bettina Stadlbauer/DER STANDARD; Printausgabe, 14./15.8.2007)