Im Vergleich mit dem Mietenniveau privater Mietwohnungen ersparen sich Mieterinnen und Mieter von gemeinnützigen Bauvereinigungen pro Jahr kumuliert rund 1,2 Milliarden Euro – das erhob das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) schon vor zwei Jahren in einer Studie. Für einen zweiten Teil dieser Studie im Auftrag der Stadt Wien hat sich das Wifo gemeinsam mit dem Verband Gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV) nun auch die Auswirkungen des gemeinnützigen Sektors auf den privaten Wohnungsmarkt angesehen. Die Frage war konkret, ob sich die günstigeren Mieten in Genossenschaftswohnungen auch auf die Mieten in privaten Mietwohnungen auswirken.

Wo viel gemeinnütziger Wohnbau stattfindet, sind auch die Preise auf dem freien Markt niedriger.
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Die kurze Antwort: Ja, sagt Wifo-Wohnbauexperte Michael Klien. "Je stärker der Wettbewerbsdruck durch Gemeinnützige am Wohnungsmarkt, desto geringer der Aufschlag von privaten Anbietern." Je höher also der Anteil der Gemeinnützigen an einem bestimmten regionalen Wohnungsmarkt lag, desto stärker war ihre preisdämpfende Wirkung, das würden die Ergebnisse jedenfalls nahelegen.

Daten aus 50 Jahren analysiert

Klien und das weitere Autorenteam, dem auch die Leiterin des wohnwirtschaftlichen Referats des Verbandes, Gerlinde Gutheil-Knopp-Kirchwald, angehörte, haben dafür Daten aus den vergangenen 50 Jahren, unter anderem von der Statistik Austria (Mikrozensus, Registerzählungen, Wohnbaustatistiken), zusammengeführt und damit auch die Verschiebung von Marktanteilen zwischen 1971 und 2011 dokumentiert: Im Waldviertel wuchs der Anteil des gemeinnützigen Sektors in diesem Zeitraum beispielsweise stark, der private Sektor ging zurück – in den meisten Tiroler Bezirken war es umgekehrt. Über ganz Österreich betrachtet legte der Anteil der Gemeinnützigen aber von 1971 bis 2020 stark zu, von neun auf 17 Prozent am Gesamtmarkt und von 18 auf 40 Prozent am Mietwohnungsmarkt.

Im Schnitt würde eine Erhöhung des Marktanteils der Gemeinnützigen um zehn Prozentpunkte bei den nichtregulierten Mieten zu einem Rückgang von 30 bis 40 Cent pro Quadratmeter führen, heißt es in der Studie. Eine Erhöhung des GBV-Anteils habe zudem einen umso stärkeren Effekt, je höher der Anteil bereits sei. Sprich, eine Anteilserhöhung von beispielsweise 30 auf 35 Prozent habe einen stärkeren Preiseffekt als eine Erhöhung des GBV-Anteils von zehn auf 15 Prozent.

Große regionale Unterschiede

Die regionale Verteilung zeigte aber große Unterschiede. Es wurden auch ein paar Regionen gefunden, in denen es gar keinen Preisvorteil der Gemeinnützigen gab oder wo sogar private Wohnungen günstiger waren. Insbesondere in Gegenden mit niedriger Dichte in Ober- und Niederösterreich sowie in Vorarlberg war dies der Fall. In diesen Lagen würden die Gemeinnützigen aber durch ihren Qualitätsvorsprung dank eines relativ jungen Mietwohnungsbestands punkten, heißt es in der Studie. Der private Mietwohnungsbestand sei tendenziell älter und von geringerer Ausstattungsqualität.

Und generell sei mit den Gemeinnützigen ab den 1960er-Jahren die Wohnqualität in Österreich deutlich gestiegen. Ein "Qualitätswettbewerb" zwischen dem gewinnorientierten und dem gemeinnützigen Sektor sei entstanden, "wobei die Gemeinnützigen klare Qualitätstreiber waren und noch immer sind", heißt es in der Studie. In Wien seien beispielsweise im Jahr 1971 noch circa ein Drittel aller privaten Mietwohnungen sogenannte Bassenawohnungen gewesen, ohne WC oder Wasser in der Wohnung. "Dieser Substandard war im gemeinnützigen Sektor zu jener Zeit so gut wie nicht mehr anzutreffen", erklärt Verbandsobmann Baringer. (Martin Putschögl, 23.5.2023)