Wiener Staatsoper Macbeth
"Lady Macbeth von Mzensk" - fulminant!
Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Wien – Katerina ist nicht gerade das, was man eine Sympathieträgerin nennt. Nach den ersten beiden Akten hat die Kaufmannsgattin den Schwiegervater vergiftet und den Ehemann erwürgt. Dann ist Pause. (Oper ist, wenn man zum Sekt Gewaltverbrechen bespricht.) Danach stößt sie ihre Rivalin in einen reißenden Fluss (und springt hinterher). Die Lady Macbeth von Mzensk mordet in Wien nicht allzu oft; die hintenraus immer bilderstärker werdende Inszenierung von Ex-Burgtheaterchef Matthias Hartmann wird nur alle paar Jahre gezeigt.

Die umjubelte Wiederaufnahme der Schostakowitsch-Oper unter der Leitung von Alexander Soddy am Pfingstsonntagabend war atemberaubend gut: fulminant, was das Staatsopernorchester zu Beginn des dritten Akts oder beim emotionalen Inferno der Titelheldin danach bot, hochpräzise und feingliedrig das Hochzeitsfugato der Streicher. Soddy ist ein Stern, der am Dirigentenhimmel der Staatsoper glücklicherweise immer öfter strahlt: Der 40-jährige Brite wird nächste Saison in 23 Vorstellungen sechs Opern leiten, darunter die Premiere von Alexander Raskatovs Animal Farm und den Parsifal.

Einspringerin Elena Mikhailenko war eine intensive Katerina, Dmitry Golovnin als heldischer Sergej ihr umtriebiger Fluchthelfer aus dem Ehegefängnis. Noch strahlender sang nur noch Andrei Popov als Katerinas Gatte Sinowi. Günther Groissböck arbeitete als Schwiegervatermonster Boris mit vokalem und darstellerischem Druck, sinnlich Maria Barakovas Sonjetka. Und Thomas Ebenstein musste sich als Der Schäbige bei Soddy sputen. Nichts wie hin! (Stefan Ender, 29.5.2023)