Der Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, spricht im Rayburn Room.
Kevin McCarthy, der republikanische Sprecher des US-Repräsentantenhauses, konnte trotz der Blockade des Trump-Flügels einen Deal mit den Demokraten erreichen.
APA/AFP/STEFANI REYNOLDS

Der Weltuntergang ist abgesagt. Zwar muss der US-Senat der Anhebung der Schuldengrenze noch zustimmen, was mit allerhand Theaterdonner verbunden sein dürfte. Aber nach der überparteilichen Billigung des Gesetzes im Repräsentantenhaus ist klar: Die Demokraten und die verbliebenen halbwegs rationalen Republikaner wollen einen Finanzcrash vermeiden, der die globale Wirtschaft in verheerende Turbulenzen stürzen würde. Die USA werden ihre Verpflichtungen an den Kapitalmärkten erfüllen und auch die Pensionen planmäßig auszahlen.

Für Kevin McCarthy, den republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, kamen die vergangenen Tage hingegen einer Achterbahnfahrt gleich. Dass er mit dem Präsidenten auf Augenhöhe verhandeln konnte, hat ihm viele Fernsehbilder und auch Respekt eingebracht. Doch die Außendarstellung des Parlamentschefs wurde schnell durch den Aufruhr in der eigenen Fraktion konterkariert. Der Trump-Flügel der Republikaner ist nicht an konstruktiven Ergebnissen, sondern alleine an Inszenierung und Blockade interessiert. Wenn es noch eines Beweises für die Regierungsunfähigkeit der Partei bedurft hätte, wurde dieser von den 71 rechten Hardlinern erbracht, die gegen den Gesetzesentwurf ihrer eigenen Fraktion stimmten.

Nackter Kaiser

Am Ende konnte Mehrheitsführer McCarthy den eigenen Deal nur mit den Stimmen der Demokraten über die Zielgrade bringen. Das ist eine gewaltige Blamage. Ganz gleich, ob es nun zum offenen Putsch gegen den Ober-Republikaner kommt: Er ist ein Kaiser ohne Kleider. Ein Drittel seiner Fraktion steht nicht hinter ihm. Diese Truppe wird in den kommenden anderthalb Jahren jede Menge Feuerwerk zünden. Ernsthafte Gesetzgebung ist nicht zu erwarten.

So wird denn auch die wichtigste Lehre aus der Krise der vergangenen Wochen verpuffen: Der aberwitzige starre Schuldendeckel der USA, der alle paar Jahre die Welt sinnlos an den Rand des Abgrunds treibt, gehört endlich abgeschafft. Das liegt eigentlich im Interesse beider Parteien. Doch eine Mehrheit für den politischen Kraftakt gibt es nicht. Der Beschluss verschafft nur eine Atempause bis kurz nach der Präsidentschaftswahl. Im Jänner 2025 schlägt der Deckel wieder zu. Dann könnte das nächste absurde amerikanische Schuldendrama die Welt in Geiselhaft nehmen. (Karl Doemens aus Washington, 1.6.2023)