Eine Fußgängerin und ein Radfahrer am Hauptplatz von Eisenstadt.
Der Hauptplatz von Eisenstadt ist der Teil der Stadt, der am häufigsten von Radfahrerinnen und Radlern befahren wird. Probleme mit Menschen, die hier zu Fuß gehen, sind die Ausnahme.
Guido Gluschitsch

Die Städte Salzburg und Eisenstadt werden jeweils von einem ÖVP-Bürgermeister geführt und haben eine ganze Menge Projekte auf dem Tisch, um die jeweilige Landeshauptstadt attraktiver für Radfahrerinnen, Radfahrer, Fußgängerinnen und Fußgänger zu machen. Es gibt dennoch einen gravierenden Unterschied: Eisenstadt investiert seit 2021 mehr Geld in den Ausbau von Rad- und Fußwegen als in Straßen. In Salzburg fahren zwar immer mehr Menschen mit dem Rad – doch die Infrastruktur wächst nicht mit, weil viele Projekte einfach nicht umgesetzt werden. Wir schauen sie uns genauer an, die Verkehrspolitik der "zwei wie Blech und Sattel".

Salzburg: Viele Projekte, die nicht umgesetzt werden

Immer mehr Menschen in Salzburg legen ihre täglichen Wege mit dem Fahrrad zurück. Doch der Platz für Radfahrerinnen und Radfahrer wächst nicht mit. Salzburg galt einmal als Radhauptstadt Österreichs. Um diese Zuschreibung auch zu behalten, wurde bereits 2017 eine Radstrategie beschlossen. Das Ziel war, sichere und komfortable Radwege für alle Altersgruppen und auch ungeübte Radlerinnen bereitzustellen. So wollte die Stadt den Radverkehrsanteil von 20 auf 24 Prozent erhöhen. Zwei Millionen Euro jährlich sollten in die Verbesserung der Radinfrastruktur gesteckt werden. Doch umgesetzt wurde von den Plänen wenig.

Ein Radfahrer auf der Innsbrucker Bundesstraße vor einer roten Ampel an der der Radweg abrupt endet.
An der Innsbrucker Bundesstraße, die von der Stadt Salzburg Richtung Wals führt, endet der Radweg abrupt. Der Neubau wurde mehrmals verschoben.
DER STANDARD/Stefanie Ruep

Bereits mehrmals verschoben wurde etwa die zentrale Radroute von der Stadt Salzburg nach Wals. Die Innsbrucker Bundesstraße gleicht derzeit einem Fleckerlteppich aus schmalen Mehrzweckstreifen, Straßenabschnitten und baulich getrennten Radwegen. Entlang der vielbefahrenen Landstraße bewegen sich jedoch auch viele Radpendler, die sich dort durchkämpfen müssen. Der Stadtteil Gingl ist erst gar nicht an das Radwegenetz angebunden, weil beim Bau der Eichstraßenbrücke auf einen eigenen Radweg verzichtet wurde. Ein Symbol der ÖVP-Verkehrspolitik.

Keine Bewegung bei Begegnungszonen

Ebenfalls 2023 hätte eigentlich ein weiteres Großprojekt umgesetzt werden sollen: Zwischen Karajanplatz vor dem Salzburger Festspielhaus bis zum Museumsplatz beim Haus der Natur ist eine Begegnungszone geplant. Im Juli 2022 wurde diese von Bürgermeister Harald Preuner und Verkehrsstadträtin Barbara Unterkofler (beide ÖVP) vorgestellt. Zuletzt hieß es von der Verkehrslandesrätin gegenüber den "Salzburger Nachrichten", im Mai werde das Ergebnis der Bürgerbeteiligung präsentiert. Eine Ausstellung dazu wurde am Dienstag eröffnet, das Bauprojekt ist jedoch noch nicht gestartet.

So rollen weiter aufs Jahr gerechnet rund 11.000 Autos pro Tag mitten durch die Altstadt. Fußgänger, die von der Getreidegasse zur Mönchsberggarage wollen, müssen warten. Radfahrer wurden in den Hinterhof der Kulturstätte Salzburger Szene verbannt. Für die Autos wurde 2021 ein 1,2 Millionen Euro teurer Kreisverkehr gebaut, der den motorisierten Individualverkehr durch die Innenstadt beschleunigen sollte.

Kreisverkehr-Groteske

Doch das Gegenteil ist oftmals der Fall: Die Einfahrt zum Rotkreuz-Parkplatz sorgt regelmäßig für Stau, weil Autofahrer vor dem Schranken auf einen freien Parkplatz warten. Die Stadt hat, um diese Situation zu regeln, im Vorjahr für August und September einen Wachdienst eingestellt. Kosten: 7.321,55 Euro. Heuer soll der Wachdienst ausgeweitet und eine 4.000 Euro teure Holzhütte für das Personal errichtet werden. Salzburg hat damit wohl den einzigen Kreisverkehr mit Autolotsen.

Mehr Platz für Fußgänger sollte es laut Unterkoflers Plänen auch am Rudolfskai geben. Im Juni 2021 präsentierte die Planungsstadträtin eine Umgestaltung für die Partyzone, wo sich Pubs und Beisln aneinanderreihen. Unterkofler wollte 2022 den Gehsteig verbreitern und zur Flaniermeile mit kleinen Schanigärten umgestalten. Passiert ist seit der Präsentation nichts. Die Debatte dreht sich ohne Unterkoflers Zutun weiter: Die Lokalbesitzer fordern nun zumindest eine temporäre Gehsteigverbreiterung.

Rotstift für Radfahrer als ÖVP-Strategie

Das alles ist wenig überraschend, hatte doch die Vizebürgermeisterin selbst vor Jahren die Linie in der Verkehrspolitik vorgeben: Sie wolle die Radfahrer von der Straße wegbringen, hatte Unterkofler in einem Interview mit den "Salzburger Nachrichten" gesagt. So reihen sich die etlichen Verzögerungen von Projekten nur ein in die ÖVP-Verkehrsstrategie. Preuner und Unterkofler haben in der laufenden Legislaturperiode auch oft genug den Rotstift beim Radverkehr angesetzt. So wurde die Radverkehrskoordinationsstelle im Salzburger Magistrat aufgelöst, das Radverkehrsbudget zusammengestrichen und auch die Förderung für Lastenfahrräder und Fahrradanhänger stark gekürzt.

Salzburg-Boulevard

Unterkofler präsentiert jedoch munter weiter. Zuletzt wurden Ende Mai die Pläne für die Rainerstraße vorgestellt. Nach der Baustelle des S-Link, der Verlängerung der Lokalbahn bis zum Schloss Mirabell, soll vom Bahnhof weg der sogenannte Salzburg-Boulevard entstehen. Mit breiten gepflasterten Gehwegen und Bäumen soll die Straße auch zur Aufenthaltsfläche werden. Radweg ist hier erst gar keiner eingeplant, die Fahrstreifen sollen zur Begegnungszone werden. Zuletzt scheiterte übrigens 2021 der Versuch eines durchgehenden Radwegs vom Salzburger Hauptbahnhof in die Stadt daran, dass die ÖVP dagegen stimmte, 15 Parkplätze dafür aufzulassen. Die Rainerstraßen-Pläne sind jedenfalls Zukunftsmusik, der Baubeginn des S-Link ist nicht vor 2025 geplant, Umsetzung frühestens 2028. (Stefanie Ruep, 22.6.2023)

Eisenstadt: Mehr Geld für Radwege als für Straßen

Eisenstadt ist zwar alles andere als ein Paradies für Radfahrerinnen und Fußgänger – baulich getrennte Radwege sind rar, und das Netz hat noch Lücken. Aber dafür gibt es nicht nur Gründe, sondern auch Lösungen, die man versucht umzusetzen. Die Weichen in diese Richtung wurden schon vor Jahren gestellt, und an zukünftigen Projekten, die weiter in diese Richtung gehen, wird konsequent gearbeitet. Eine Zwischenbilanz mag manche überraschen, die schauen, wie es da unterm Strich ausschaut.

Eine Radfahrerin und ein Radfahrer am Hauptplatz von Eisenstadt.
Der Hauptplatz von Eisenstadt ist eine Fußgängerzone – in der das Fahren mit Fahrrädern in Schrittgeschwindigkeit erlaubt ist.
Guido Gluschitsch

In den vergangenen zwei Jahren hat Eisenstadt fast zwei Millionen Euro für den Ausbau und die Sicherheit des Geh- und Radwegenetzes in die Hand genommen. Es waren Rekordjahre, sagt Bürgermeister Thomas Steiner (ÖVP). "Es wurde mehr in den Rad- und Fußwegeausbau investiert als in den Straßenbau." 2023 sind weitere 800.000 Euro dafür eingeplant. "Wir steigern das Tempo beim Radwegeausbau", erklärt Steiner. Dabei wurden in den vergangenen Jahren mehr Projekte und Kilometer umgesetzt als je zuvor.

Insgesamt kommen durch die Radwegeoffensive zehn Kilometer Radwege dazu, und die bestehende Infrastruktur wird verbessert – auch durch mehr Abstellplätze. Es gehe darum, "die Hauptwege durch die Stadt rasch sicher und alltagstauglicher zu machen", sagt Anja Haider-Wallner, Klubobfrau der Grünen Eisenstadt. "Damit wir schnell weiterkommen, war es mir ein großes Anliegen, dass alle zusammenkommen: Stadt, Radlobby, Mobilitätszentrale", um an einem Strang zu ziehen.

Räder, die an einen Radständer gelehnt sind.
In Eisenstadt werden mehr Radständer, sogenannte Wiener Bügel, aufgestellt, damit man Räder sicher und komfortabler abstellen kann.
Guido Gluschitsch

"Die Pläne der Stadt sind ambitioniert und gut", sagt Stefan Heider von der Radlobby Eisenstadt, urteilen will er aber erst, wenn alles umgesetzt ist. "Unser Ziel ist es, das Alltagsradfahren sicher und zügig für alle Altersstufen zu ermöglichen." Dafür seien aber noch einige Lücken zu schließen. Diese betreffen fast ausschließlich Landesstraßen, für die die Stadt selbst nicht mitentscheiden kann.

Landeshauptstädte im Vergleich

Mittlerweile ist Eisenstadt dennoch mit zwei Kilometer Radfahranlagen pro 1.000 Einwohner Spitzenreiter unter Österreichs Landeshauptstädten, wie eine Erhebung des Städtebunds zeigt. In St. Pölten und Bregenz sind es rund 1,4, in Salzburg etwas mehr als 0,5 Kilometer, in Innsbruck und Wien noch weniger.

Eine mehrspurige Straße in Eisenstadt mit vielen Autos.
Auf den Landesstraßen gibt es noch deutlich mehr Nachholbedarf, was die Radinfrastruktur betrifft.
Guido Gluschitsch

Mit dem Ausbau der Radinfrastruktur allein ist es nicht getan. Auch dem Autoverkehr wurden einige Privilegien entzogen. Inzwischen wurde auf rund 80 Prozent der Gemeindestraßen Tempo 30 eingeführt, weil man davon ausgeht, dass so die Radfahrerinnen und Radfahrer auch abseits der klassischen Radwege sicherer mit dem motorisierten Verkehr mitfahren können.

Für die Fußgängerinnen und Fußgänger soll Eisenstadt ebenfalls attraktiver werden. Etwa weil die Stadt auf der einen Seite der Fußgängerzone auf dem Hauptplatz das Areal um den Bundesländerhof gemeinsam mit den Besitzern schöner und grüner gestalten will. Auf der anderen Seite wünscht sich Steiner eine Begegnungszone und mehr Pflanzen auf der Straße bis zur Bergkirche. Die ist jedoch wieder eine Landesstraße und eine der von der Radlobby angesprochenen Lücken.

Radweg mit Radfahrerampel der in einer Kreuzung mündet.
Weil auf den meisten Gemeindestraßen Tempo 30 gilt, gibt es dort kaum Konflikte zwischen Radlern und Autofahrern. Einige neuralgische Stellen wurden zusätzlich entschärft.
Guido Gluschitsch

Aus der Bevölkerung kommt nicht nur Zustimmung für solche Vorhaben. Das sieht Steiner aber gelassen: "Ich habe unlängst Bilder vom Hauptplatz gesehen aus der Zeit, als hier noch Autos fahren durften. Heute will das niemand mehr, auch wenn es damals Widerstand gegen die Fußgängerzone gab." (Guido Gluschitsch, 23.6.2023)