Ein SPÖ-Bundesparteichef, der künftig tatsächlich von den Parteimitgliedern und nicht von Delegierten gewählt wird. Das wünscht sich der neue Chef Andreas Babler. Außerdem soll die rote Basis auch über Koalitionsabkommen mit einer Partei oder anderen Fraktionen abstimmen können. Für die Ausweitung dieser Basisdemokratie benötigt Babler eine Änderung der geltenden SPÖ-Statuten, die das aktuell nicht vorsehen. Diese neuen Regeln können aber nur im Rahmen eines ordentlichen Bundesparteitags beschlossen werden: Daher plant Babler, den nächsten regulären Parteitag 2024 auf Herbst diesen Jahres vorzuziehen und die Änderungen dort absegnen zu lassen.

So einfach, wie sich Babler diese Statutenreform vorstellt, wird es aber nicht ablaufen. Das hat die Wiener SPÖ indirekt klargestellt. In der Presse am Sonntag wurde Wiens Landesparteisekretärin Barbara Novak gefragt, ob die Wiener Partei bei mehr innerparteilicher Demokratie mitzieht und ob sich auch Landesparteichef Michael Ludwig künftig der roten Basis zur Wahl stelle. Novak antwortete: "Es gibt einen Grund, warum das Statut eine Mitgliederabstimmung über personelle Entscheidungen nicht vorsieht."

Die Parteimanagerin argumentiert, dass es auch um die Frage des Einflusses von außerhalb der SPÖ auf eine Mitgliederbefragung gehe. Die Wiener Delegierten hätten sich beim Landesparteitag vor einem Jahr gegen mehr Basisdemokratie bei der Wahl des SPÖ-Chefs ausgesprochen. Und "es soll auch nicht über einen Koalitionspakt abgestimmt werden", sagte Novak.

Barbara Novak SPÖ
Wiens Landesparteimanagerin Barbara Novak verweist darauf, dass sich die Delegierten in Wien gegen mehr Basisdemokratie bei der Wahl des Wiener SPÖ-Chefs ausgesprochen hätten.
APA / Hans Punz

Novaks Aussagen betreffen Wien

Am Sonntag bemühte sich die Wiener Partei auf Anfrage klarzustellen, dass sich die Aussagen Novaks auf die SPÖ Wien beziehen würden: In der Bundeshauptstadt werde "auch in Zukunft der Parteivorsitzende am Landesparteitag gewählt" – also von den Delegierten. Zu diesem Ergebnis sei man "nach langen und intensiven Diskussion" gelangt.

Eine explizite Unterstützung für Bablers Reformideen im Bund gab es aber auch nicht. "Wenn der neu gewählte Bundesparteivorsitzende Andreas Babler in Zukunft eine Statutenänderung einbringen will, wird sich die SPÖ Wien dabei selbstverständlich konstruktiv im Rahmen einer Statutenkommission einbringen", hieß es in einer Stellungnahme zum STANDARD. Man werde Babler keine "Steine in den Weg" legen.

Bereits 2018 plante der damalige SPÖ-Chef Christian Kern eine Reform der Statuten, wonach etwa Koalitionsabkommen auf Bundesebene den Mitgliedern zur Abstimmung vorgelegt werden müssen. Die Einschränkung: Zumindest 20 Prozent der Mitglieder müssen sich an der Abstimmung beteiligen. Nach dem Rückzug Kerns wurden die tiefgreifenden Reformpläne auf Drängen der Wiener SPÖ aber nur in stark verwässerter Form beschlossen: Dass ein Koalitionspakt den Mitgliedern obligatorisch vorgelegt werden muss, ist derzeit jedenfalls kein Thema.

Der neue SPÖ-Chef Andreas Babler will am Dienstag den Parteigremien sein Personalpaket präsentieren.
Christian Fischer

Personalpaket am Dienstag vor

Abseits der Diskussionen um die Reformpläne will der neue Parteichef Babler nach den Umwälzungen in der Bundes-SPÖ sein Personalpaket am Dienstag präsentieren. An diesem Tag tagen die Gremien der Partei. Neu besetzt wird fix die Bundesgeschäftsführung: Der bisherige Chef Christian Deutsch, ein Vertrauter von Bablers Vorgängerin Pamela Rendi-Wagner, hatte sein Amt beim außerordentlichen Bundesparteitag zurückgelegt. Interimistisch wird die Parteizentrale von Christian Sapetschnig geleitet, dem leitenden Sekretär für Organisation.

Als eine der Favoritinnen auf den Posten gilt die Babler-Verbündete Julia Herr, sie ist Umweltsprecherin im Nationalrat. Genannt wird zudem SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner. Beiden wird auch ein Aufstieg an die Spitze des Parlamentsklub zugetraut: Die scheidende Klubchefin Rendi-Wagner ist offiziell noch bis Ende Juni im Nationalrat. Zudem könnte Babler auch weitere Personalia ankündigen.

Am Sonntag berichtete Babler per Aussendung davon, dass seit seiner Wahl 1.000 neue Mitglieder verzeichnet wurden. Am Sonntag habe er "bereits mit einigen von ihnen telefoniert". Über die Zahl der Austritte gab es keine Informationen. (David Krutzler, 11.6.2023)