Es waren einmal zwei Grüne, nämlich Annalena Baerbock und Robert Habeck, die liefen als echte Glückskinder durch die Berliner Politik. So hatte im Jahr 2018 das Märchen der beiden begonnen.

Habeck und Baerbock
Habeck und Baerbock
Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock.
AP / Markus Schreiber

Viele, viele Kapitel lang hätte es so weitergehen sollen. Zuletzt jedoch war die Geschichte nicht mehr so schön gewesen. Und nun, mit dem geplanten EU-Asylrecht und seinen Verfahren an den EU-Außengrenzen, ist die Ökopartei im Nachbarland an einem neuen Tiefpunkt angekommen.

Fundis und Realos

Freundlich formuliert: Fundis und Realos tun ihre unterschiedlichen Meinungen kund. Ehrlich ausgedrückt: Die Partei ist so zerrissen wie schon lange nicht mehr. Und das hat ihren Ursprung eben in jenen Tagen 2018, als Habeck und Baerbock die Partei übernahmen. Die große Mehrheit der Grünen wollte damals in die Regierung, weil Schluss sein sollte mit der ewigen großen Koalition unter Angela Merkel.

Habeck und Baerbock versprachen, sie dorthin zu führen, was auch gelang. Aber es war ein Preis zu zahlen und der hieß: Man rückt in die Mitte, denn nur dort sind Wahlen zu gewinnen. Und man streitet nicht öffentlich. Der zeitweilige Erfolg gab den charismatischen Anführern recht. Die Grünen schnitten bei Landtagswahlen gut ab, auf Bundesebene führten sie vor der Bundestagswahl 2021 die Umfragen als Nummer eins an.

Kein Unbehagen mit Wahlerfolgen

Zwar zog dann nicht Kanzlerkandidatin Baerbock ins Kanzleramt ein, sondern Olaf Scholz (SPD). Aber Baerbock wurde Außenministerin und Habeck Wirtschafts- und Klimaschutzminister, zudem Vizekanzler. Dieser Erfolg sollte nicht gefährdet werden.

Es war ein bisschen wie in der CDU früher. Solange Merkel der Partei Wahlerfolge und somit Mandate wie auch Regierungsbeteiligungen brachte, wurde nicht groß Unbehagen laut.

Zunächst schluckten viele Grüne ja auch einiges, etwa die Waffenlieferungen an die Ukraine. Vom Grundgedanken her gab das ihre Partei-DNA eigentlich nicht her, genauso wenig wie die Verlängerung der Atomlaufzeiten am Jahresende 2023. Es waren nur dreieinhalb Monate, aber nicht wenige fanden das schon eine ziemlich dicke nukleare Kröte.

Misserfolg nach Zumutungen

Doch dann kam zu den Zumutungen noch der Misserfolg dazu. Die Landtagswahlen in Berlin und Bremen, also den klassischen städtischen Grünen-Milieus, gingen schief. Beim großen Klimapaket fühlten sich viele Grüne zugunsten der FDP übervorteilt. Habeck legte dann noch einen Gesetzesentwurf zum künftigen Heizen vor, der vielen im Eigenheim Angst machte. Die Folge: sinkende Umfragewerte. Zuletzt rutschte man sogar hinter die AfD. Auf einen Platz also, an dem das Kanzleramt, von dem die Grünen immer noch träumen, recht weit weg ist.

Nun, in dieser misslichen Lage, hält der Burgfriede nicht mehr. Die Parteispitze zeigt sich beim Asylrecht uneins, die Fraktionsspitze ebenso und die Basis auch. Es ist ein Rückfall in alte Grabenkämpfe, die unter Habeck und Baerbock als weitgehend überwunden galten.

Auf die beiden kommt jetzt eine große Aufgabe zu: Sie müssen, nicht nur in der Frage des Asylkompromisses, ihr Regierungshandeln besser erklären – und zwar besser schon, bevor Beschlüsse gefasst werden. Einfach so werden die Grünen nämlich in der nächsten Zeit nicht mehr folgen. (Birgit Baumann, 11.6.2023)