Begonnen hat die Mobilitätswende bereits. Dass in puncto Klimawandel beim Verkehr etwas passieren muss, bestreiten wenige. Doch wie der CO2-Ausstoß reduziert werden soll, darüber wird noch viel gestritten. "Die Klimawende ist ohne E-Fuels nicht möglich, es braucht sie zusätzlich zur Elektromobilität, anders bringen wir die Emissionen nicht nach unten", so lautete der Tenor bei einer Pressekonferenz von ÖAMTC, der Interessengemeinschaft E-Fuel Alliance und zwei Vertretern der TU Graz (Helmut Eichlseder und Georg Brasseur) am am Montag.

E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe mit ähnlichen Eigenschaften und chemischen Zusammensetzungen wie konventionelle Kraftstoffe – sie sind kohlenstoffhaltig und flüssig. Hergestellt werden sie aus Wasserstoff und dem Treibhausgas CO2: Wasser wird unter Einsatz von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten, der Wasserstoff wird dann mit CO2 zu Kraftstoff verarbeitet. Allerdings braucht der Vorgang viel Strom – E-Fuels sind knapp und teuer und werden unter anderem auch in der Luftfahrt gebraucht. Viele Fachleute betonen deshalb: E-Fuels müssen dort eingesetzt werden, wo es kaum Alternativen gibt.

Die Diskussionen rund um E-Fuels lassen regelmäßig die Wogen hochgehen. Die meisten sind sich einig, dass etwas passieren muss. Die große Frage ist das Wie.
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Zu viele Autos

Bis 2030 müssen die Emissionen hierzulande um fast die Hälfte reduziert werden, um die Klimaziele zu erreichen. Von diesem Ziel ist Österreich allerdings noch weit entfernt – im Verkehr sinken die Emissionen viel zu langsam. "Bei gleichbleibendem Mobilitätsbedürfnis ist es völlig unrealistisch, die Klimaziele im Verkehr allein mit E-Mobility zu erreichen", sagt Bernhard Wiesinger vom ÖAMTC. Momentan seien 5,2 Millionen Pkws in Österreich angemeldet. Um den CO2-Ausstoß bis 2030 zu halbieren, müssten über 2,5 Millionen E-Autos auf der Straße sein. Neu zugelassen würden jährlich 220.000 Autos. "Die Rechnung geht sich nicht einmal theoretisch aus", so Wiesinger. Die E-Mobilität sei wichtig, aber sie allein reiche nicht. Es brauche Lösungen für Bestandsfahrzeuge. Bei der eFuel Alliance verweist man auf den zu geringen Anteil des öffentlichen Verkehrs. Dieser betrage 20 Prozent, dem gegenüber stehen 70 Prozent Pkw-Verkehr.

Völlig anders sah das kürzlich Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin: "Das Argument mit den E-Fuels ist vollkommener Quatsch", sagte er zum STANDARD. "Die E-Fuel-Story hat man nur aufgebaut, um das Verbrenner-Geschäft weiterlaufen zu lassen". Um den Treibstoffverbrauch zu decken wären in Deutschland 500.000 Windräder nötig - in den letzten 30 Jahren wurden 30.000 aufgestellt. Das sei nicht vorstellbar.

Wenig Ökostrom in Europa

"Um die Energiewende zu schaffen, sind drei Maßnahmen notwendig: Energie sparen, grünen Strom ausbauen und grüne speicherbare Energieträger generieren", sagt Georg Brasseur. E-Fuels sieht er als eine mögliche Lösung für lang- und kurzfristigen Speichermedien. "Wasserstoff ist aus heutiger Sicht ein idealer Speicher. Aber es gibt keine Wasserstoff-Pipeline und keine Schiffe, die Wasserstoff nach Europa transportieren können." Globale Energieflüsse müssten so gesteuert werden, dass sie sowohl im Norden als auch im Süden die CO2-Emissionen gegen null reduzieren. Die Energiewende sei also machbar, wenn die Politik nicht weiter die wesentlichen Tatsachen ignoriert.

Ökostrom ist in Europa nach wie vor ein knappes Gut. 2019 hat die EU Energieprodukte im Wert von 320 Milliarden Euro eingeführt. Aktuell besteht der europäische Energiemix erst zu 22 Prozent aus grüner Energie. Man wird also weiterhin auf Importe angewiesen sein. Eine Lösung des Problems ist dementsprechend noch in weiter Ferne. (Andreas Danzer, 12.6.2023)