Rammstein / Till Lindemann
Gegen Till Lindemann, den Sänger von Rammstein, wird in Deutschland ermittelt.
IMAGO/Zoonar.com/Markus Wissmann

Wie der deutsche "Tagesspiegel" am Mittwochnachmittag berichtet, hat die Berliner Staatsanwaltschaft aufgrund des Vorliegens eines Anfangsverdachts gegen Rammstein-Frontsänger Till Lindemann Ermittlungen eingeleitet. Dies wurde seitens der parteilosen Justizsenatorin Felor Badenberg den Mitgliedern des Justizausschusses im Abgeordnetenhaus unter Ausschluss der Öffentlichkeit mitgeteilt.

Anfragen des STANDARD an die Staatsanwaltschaft Wien und Klagenfurt ergaben, dass es keine Ermittlungen in der Sache gibt: "Bei uns ist kein Ermittlungsverfahren gg. Till Lindemann anhängig", heißt es aus der Staatsanwaltschaft Klagenfurt. "Es sind keine Sachverhaltsdarstellungen eingelangt und keine Ermittlungen anhängig", antwortet die Staatsanwaltschaft Wien.

In dem Artikel heißt es, dass mehrere Strafanzeigen wegen verschiedener Delikte gegen Lindemann vorlägen. Außerdem habe die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts nach Paragraf 177 des Strafgesetzbuches eingeleitet. Dieser regelt, dass "wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt", mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden könne.

Grüne Forderungen nach Absage

Wie berichtet, hatten in den vergangenen drei Wochen zahlreiche Frauen gegen den deutschen Musiker schwerwiegende Vorwürfe erhoben. Es wurde von dem mutmaßlichen Einsatz von K.-o.-Tropfen, sexueller Gewalt sowie einer systematischen Rekrutierung junger Frauen als vermeintliche Sexualkontakte für Sänger Lindemann auf Rammstein-Konzerten berichtet. Bisher hatte laut "Süddeutsche Zeitung" nur die Irin Shelby Lynn in Litauen Anzeige gegen Lindemann erstattet, die Ermittlungen seien anscheinend nicht eingeleitet worden. Bisher sind keine weiteren Anzeigen in Deutschland oder Österreich bekannt.

Die heimischen Grünen, die zuletzt für eine Absage der beiden Konzerte im Wiener Ernst-Happel-Stadion Ende Juli eingetreten sind, befürworteten die rechtlichen Schritte in einer Aussendung. "Die vor kurzem bekannt gewordenen Vorwürfe von sexualisierter Gewalt durch Till Lindemann wiegen schwer", so Meri Disoski, stellvertretende Klubobfrau und Frauensprecherin der Grünen. "Es ist wichtig, dass die deutsche Justiz diese Aussagen ernst nimmt und nun Ermittlungen wegen des Verdachts nach Paragraf 177 des deutschen Strafgesetzbuches einleitet." Zugleich kritisierte sie auch Teile der medialen Reaktion auf die Berichte der Frauen.

"Männlich dominiertes Feuilleton"

"In den vergangenen Tagen sind aus der #MeToo-Debatte bestens bekannte Mechanismen gegen die aussagenden Frauen losgetreten worden. Rammstein selbst hat versucht, die Frauen mit Klagsandrohungen einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen. Der männlich dominierte Musikjournalismus und das männlich dominierte Feuilleton haben in bester männerbündischer Manier versucht, die Glaubwürdigkeit von Frauen zu untergraben, klassische Täter-Opfer-Umkehr betrieben und romantisierend von 'Groupietum' statt von Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt gesprochen. Umso wichtiger ist es, dass die Berliner Staatsanwaltschaft den schwerwiegenden Vorwürfen der Frauen nun nachgeht", unterstreicht Disoski.

Währenddessen reagiert auch das Label von Rammstein: Die Musik von Rammstein erscheint beim Marktführer Universal. Jetzt distanziert sich der Musikkonzern von der Berliner Band. "Bis auf Weiteres" sollen die Alben nicht mehr beworben werden. Wie der "Spiegel online" berichtet heißt es weiter: "Die Vorwürfe gegen Till Lindemann haben uns schockiert und wir haben den größten Respekt vor den Frauen, die sich in diesem Fall so mutig öffentlich geäußert haben. Wir sind davon überzeugt, dass eine vollumfängliche Aufklärung der Anschuldigungen, auch durch die Behörden, unbedingt erforderlich ist und ebenfalls im Interesse der gesamten Band liegen muss."

Die schwerwiegenden Anschuldigungen lösten einen heftigen Skandal rund um die Berliner Band aus, die aktuell durch Europa tourt und Ende Juli (26. und 27. 7.) nach Wien kommt. Der Beschuldigte, Till Lindemann, wies bisher alle Vorwürfe von sich und kündigte rechtliche Schritte an. Es gilt die Unschuldsvermutung. (red, 14.6.2023)