Corsage Sisi Vicky Krieps
In Marie Kreutzers Film "Corsage" spielt Vicky Krieps die Kaiserin Elisabeth, wofür sie nun ausgezeichnet wurde.
Jordan Strauss/Invision/AP

Im Repertoire hoheitlicher Gesten sind die Winkehand und der huldvoll geneigte Kopf allseits geläufig. Aber der Mittelfinger? Das würde man selbst von einer streitbaren Kaiserin wie der österreichischen Elisabeth nicht unbedingt erwarten. Umso markanter also die Szene, mit der Vicky Krieps in dem Film Corsage dieser Rolle einen Akzent versetzt hat.

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Ob der Mittelfinger im 19. Jahrhundert schon die einschlägige Bedeutung hatte, die heute allgemein geläufig ist, müssen die Alltagshistoriker entscheiden. Vicky Krieps hat jedenfalls angedeutet, dass der gezückte Finger wohl von ihr kam, dass er also so nicht schon im Drehbuch von Marie Kreutzer stand.

Die in Luxemburg geborene Schauspielerin hatte aber sowieso etwas mitzureden, sie fungierte bei Corsage auch als ausführende Produzentin. Den Österreichischen Filmpreis bekam sie jetzt aber doch für ihre Darstellung, wie davor auch schon den Europäischen. Als man sie kürzlich auf einen nicht aufgeklärten MeToo-Fall bei den Dreharbeiten ansprach, plädierte sie für einen Blickwechsel: Corsage ist ein Film starker Frauen, so möchte sie das betont haben.

Gesamteuropäische Erscheinung

Vicky Krieps versucht so gut es geht den ganzen Rummel nicht zu ernst zu nehmen, dem Stars oft ausgesetzt sind. Auch ihre Karriere ist von einer gewissen Nonchalance gekennzeichnet: Sie bewegt sich souverän zwischen den Genres und Produktionslandschaften. In der Neuauflage der Drei Musketiere ist sie ebenso eine Bereicherung, wie sie es 2017 in Drei Tage in Quiberon war, wo sie ein Zimmermädchen spielte, das mit Romy Schneider in Kontakt kommt.

Bekannt wurde die 1983 geborene Tochter eines Filmfunktionärs nach ihrem Schauspielstudium in Zürich 2011 in dem Terrorismusdrama Wer wenn nicht wir von Andres Veiel. Schon im selben Jahr tauchte sie in Wer ist Hanna? auf. 2012 gab sie in der Verfilmung von Daniel Kehlmanns Die Vermessung der Welt die Frau des Mathematikers Gauß.

2017 folgte der bisherige Karrierehöhepunkt: In Phantom Thread (Der seidene Faden) von Paul Thomas Anderson nahm sie es mit dem obsessiven Schauspielgenie von Daniel Day-Lewis auf und bestand glänzend. Luxemburgs Filmschaffen ist klein, längst ist Vicky Krieps eine gesamteuropäische Erscheinung. 2010 zog sie nach Berlin, mit dem Schauspieler Jonas Laux bekam sie zwei Kinder. Heute ist vor allem die deutsche Hauptstadt selbst ihre Liebe. Mon amour, wie sie zuletzt auf Instagram verkündete. Mit dem Winkefinger. (Bert Rebhandl, 16.6.2023)