Es ist nur knapp zwei Monate her, dass im April sieben Volksbegehren auf Österreichs Gemeindeämtern unterschriftsbereit auflagen. Während diese Initiativen ihren Weg ins Parlament gefunden haben, starteten am Montag neun weitere Initiativen. Diese können von 19. bis 26. Juni unterschrieben werden. Eine Unterschrift ist entweder vor Ort auf jedem Gemeindeamt, in Wien auf den Magistraten oder online auf der Seite des Innenministeriums möglich.

Blick in den Plenarsaal des Nationalrates.
Erreicht ein Volksbegehren 100.000 Unterschriften, muss es im Parlament behandelt werden.
APA/Georg Hochmuth

Fans der direkten Demokratie dürfen sich jedenfalls freuen: Noch nie gab es so viele Volksbegehren in einer einzelnen Eintragungswoche und so knapp hintereinander. Ziel aller Initiativen ist, die Grenze von 100.000 Unterschriften zu erreichen – dann muss das Volksbegehren im Nationalrat behandelt werden.

Dass das Volksbegehren aktuell so im Trend liegt, ist laut Expertinnen und Experten zum Teil einer Neuerung im Jahr 2018 geschuldet: Erst seit fünf Jahren können Volksbegehren auch im Internet unterstützt werden. Auch die Unzufriedenheit mit der Politik befeuere die direktdemokratischen Instrumente. DER STANDARD gibt einen Überblick über die aktuellen Initiativen.

"Neutralität Österreichs Ja"

Spätestens nach Beginn des Ukrainekriegs ist die Debatte rund um die Neutralität Österreichs wieder neu entfacht. Diesen Trend versucht dieses Volksbegehren aufzugreifen: Die Initiative fordert ein klares Bekenntnis zur Neutralität. Es solle mit einem neuen Verfassungsgesetz bekräftigt werden, dass Österreich in Zukunft keinem militärischen Bündnis beitritt.

Die Initiative wurde von Rechtsanwalt Marcus Hohenecker in die Wege geleitet, der schon in der Eintragungswoche im April drei Volksbegehren vorgelegt hatte. In der Vergangenheit hat es bereits mehrere Initiativen gegeben, die sich für ein dezidiertes Bekenntnis zur Neutralität ausgesprochen haben.

"Anti-Gendern-Volksbegehren"

Weg mit dem Genderstern und dem Binnen-I: Das soll laut dieser Initiative per Gesetz beschlossen werden. Es dürfe laut dem Volksbegehren keinen Zwang geben zu gendern. Verweigert eine Person das Gendern, sollen keine Nachteile entstehen, argumentiert der Initiator Stefan Grünberger. Auch diese Initiative will für ihr Vorhaben ein Verfassungsgesetz – es würde somit eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat benötigt.

"Verbot für Kinder-Instagram"

Das Volksbegehren richtet sich gegen Pläne vonseiten des US-Konzerns Meta aus dem Jahr 2021: Damals gab es die Absicht, die Plattform Instagram auch für Kinder zugänglich zu machen – aktuell ist Instagram mit einer Altersbeschränkung ab 13 Jahren versehen. Die Pläne des Unternehmens sind mittlerweile wieder eingestellt. Das Volksbegehren rund um den FPÖ-Landtagsabgeordneten aus Salzburg Eduard Egger fordert dennoch ein Verfassungsgesetz, das soziale Netzwerke wie Instagram für Kinder unter 13 Jahren verbieten soll. Es fehle in dem Alter nämlich noch an Medienkompetenz, und die Privatsphäre sei gefährdet, sagt Egger.

"Untersuchungsausschüsse live übertragen"

Es gab in der Vergangenheit mehrere Untersuchungsausschüsse, die für Aufregung sorgten – darunter der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss oder der Eurofighter-U-Ausschuss. Initiator Lukas Papula fordert deshalb die Liveübertragung der Ausschüsse. Der Livestream solle "im Sinne der Transparenz" auf der Parlamentshomepage abrufbar sowie den Medien zur Verfügung gestellt werden.

"Lebensmittelrettung statt Lebensmittelverschwendung"

Ebenfalls von Lukas Papula in die Wege geleitet wurde jenes Volksbegehren, das sich gegen die Verschwendung von Lebensmitteln richtet. Supermärkte, die über eine Verkehrsfläche von 400 Quadratmetern oder mehr verfügen, sollen gesetzlich verpflichtet werden, abgelaufene, aber noch genießbare Lebensmittel an wohltätige Organisationen zu spenden, so die Forderung. Diese Lebensmittel würden sonst im Müll landen. Die Initiative verweist auf Frankreich, wo erst vor ein paar Jahren ein ähnliches Gesetz verabschiedet wurde – dort steht Lebensmittelverschwendung unter Strafe.

"Asylstraftäter sofort abschieben"

Ein Volksbegehren, das schon vor einigen Monaten in die Schlagzeilen geriet, ist jenes des FPÖ-Politikers und Landtagspräsidenten in Niederösterreich Gottfried Waldhäusl, damals von ihm noch als Asyllandesrat initiiert. Waldhäusl fordert, dass Personen, die in Österreich um Asyl ansuchen und "straffällig" werden, unverzüglich abgeschoben werden sollen.

Der Gesetzgeber sei deshalb aufgerufen, nationale und internationale Übereinkommen so anzupassen, dass eine Abschiebung schneller möglich ist, heißt es in diesem Volksbegehren. Laut eigenen Angaben konnte das Volksbegehren bereits in der Unterstützungsphase mehr als 100.000 Unterschriften sammeln, betont Waldhäusl.

"Umsetzung der Lebensmittelherkunftskennzeichnung"

Ähnlich wie das Volksbegehren, das die Einschränkung von Lebensmittelverschwendung fordert, will diese Initiative ebenfalls im Bereich Lebensmittel nachschärfen. Der ehemalige Nationalratsabgeordnete für das Team Stronach und Landwirt Leopold Steinbichler fordert eine "umfassende sofortige Herkunftsbezeichnung" für Lebensmittel. Zusätzlich will Steinbichler die Versorgung der Bevölkerung mit regionalen Produkten in der Verfassung verankern.

"Rettung unserer Sparbücher"

Wenn es nach diesem Volksbegehren geht, soll das Sparen in Zukunft wieder attraktiver werden. Die Initiatorinnen und Initiatoren rund um Kurt Traar kritisieren die niedrigen Zinsen auf Sparbücher und sehen die sinkende Kaufkraft durch die Inflation als großes Problem. Die Forderung: Der Staat solle jährlich die Sparguthaben österreichischer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sowie gemeinnütziger Vereine "aufpeppen". Die Höhe der staatlichen Subventionierung sei auf der Basis der Inflationsrate des Vorjahres auszumachen, die dementsprechend abgegolten werden solle, heißt es im Volksbegehren dazu.

"Staatsbürgerschaft für Folteropfer"

Personen, die sich als Whistleblower engagiert haben, für "Freiheit gekämpft" haben und dadurch in politische Gefangenschaft geraten sind und gefoltert wurden, sollen laut diesem Volksbegehren umgehend die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten. Hintergrund ist die Verhaftung von Wikileaks-Gründer Julian Assange: Die Initiative sieht unter anderem die Aufdeckung der Kriegsverbrechen im Irakkrieg als "mutige Taten" und will deshalb dem Australier politisches Asyl gewähren und ihm die Staatsbürgerschaft verleihen. Mit diesem Volksbegehren will Initiator Edgar Hausenbichler den gesetzlichen Grundstein legen. (Max Stepan, 19.6.2023)