Hideaway Werk X
Diskutieren, aber bitte mit Entspannungsprogramm (Marie Noel, vorne) in Italien.
Isabelle Simon

Der Sommer kann kommen. Im Werk X am Wiener Petersplatz ist er schon da. Da haben es sich vier Freunde in einem Bungalow in Latium gemütlich gemacht. Es ist heiß, die Sonnencreme duftet, in Badekleidung sinkt man dann und wann in die Klappstühle auf der Terrasse und diskutiert queer-feministische Fragen.

Das Geschehen lässt sich aus nächster Nähe beobachten. Denn Regisseurin Isabella Sedlak und Bühnenbildnerin Sophie Baumgartner, Gründerinnen des Produktionslabels Bauer + Baum, haben für Hideaway. Liebe und andere Radikalitäten eine besondere Raumordnung geschaffen: Das Publikum glotzt ungeniert von allen vier Seiten durch die Glaswände des Kubus in Küche, Wohn-, Schlafzimmer.

Hitziges Kammerspiel

Alle sind aufgefordert, sich die Nase plattzudrücken und gern auch den Standort zu wechseln, um von verschiedenen Perspektiven Einblick nehmen zu können. An vorderster Front der Plattensammlung thront Gloria Gaynor.

Die Urlaubenden lungern aber nicht nur faul herum, sie klopfen zu Sonne und Cocktail gesellschaftspolitische Theorien auf ihre Brauchbarkeit ab. Nicht wie bei den Sprechperformances von René Pollesch, sondern in einem hitzigen Kammerspiel, in dem die vier anhand eigener Erfahrungen und Lektüren (Şeyda Kurt, bell hooks, Josephine Apraku, Erich Fromm, Richard von Krafft-Ebing) über das von Kapitalismus und Heteronormativität dominierte Leben streiten.

Dabei spielt der Geist des Hauses eine wichtige Rolle. Denn die sommerliche Gegenwart der Protagonisten (Nina Fog, Lisa Kärcher, Marie Noel, Moritz Sauer) wird von Rückblenden in die 1950er-Jahre unterfüttert, als die Erbauerin des Bungalows, die lesbische Großmutter, diesen extra transparent errichten ließ, um ihr Leben demonstrativ nicht zu verstecken. Das Privatleben ist politisch – das führt der Text (geschrieben von Isabella Sedlak) in aller Härte und schwungvoll vor Augen. (Margarete Affenzeller, 19.6.2023)